Abzug privater Kunst-Förderer: Wien verliert an Strahlkraft

Olafur Eliasson stellt ab 21.1. bei TBA 21 und im Winterpalais aus: New Berlin Sphere, 2009 (Ausschnitt)
Der Mittelbau der Wiener Kunstszene bricht ein. Auch Habsburg überlegt nun, nach Zürich zu gehen

Es ist katastrophal, was in den vergangenen Jahren passiert ist“, sagt Jasper Sharp. Der KHM-Kurator und Co- Initiator des privaten Fördervereins „Phileas“, der oft internationale Sammler und Museumsleute durch Wiens Kunsthäuser führt, sieht die Strahlkraft Wiens durch den Wegfall privater Institutionen dahinschwinden: Die Generali Foundation zog 2014 nach Salzburg, die Bawag Contemporary schloss 2013. „Wenn Francesca auch noch geht, wird uns das noch lange leid tun“, sagt Sharp.

Abzug privater Kunst-Förderer: Wien verliert an Strahlkraft
Francesca Habsburg, 2015
Francesca Habsburg, die mit ihrer Stiftung „TBA21“ seit 2012 den Atelierbau im Wiener Augarten bespielt, hatte schon öfters Pläne gewälzt, neue Räume für ihre Sammlung von großformatigen Kunstwerken zu finden. Doch selten klangen diese so konkret wie jüngst im Interview mit der ZürcherSonntagszeitung: „Österreich ist doch nicht meins. Ich bin nicht dort zu Hause“, erklärte sie, und: „Meine Sammlung wäre in Zürich eine schöne Ergänzung.“

Erste Gespräche mit der Stadtpräsidentin seien im Gang. Im Augarten lauft der Vertrag der TBA21 bis Ende 2017. Ein weiterer Verbleib sei nicht ausgeschlossen, doch von Stadt und Bund seien bisher keine Anstrengungen unternommen worden, die Institution zu halten, hieß es aus Habsburgs Büro.

Wien stagniert

Die Ankündigung platzt ins Vorfeld der „Vienna Art Week“ (16. – 22.11.), jener von mehreren Wiener Kunsthäusern getragenen und maßgeblich vom Wiener Dorotheum finanzierten Veranstaltung, die mit einer Vielzahl von Events den „Kunststandort Wien“ bewerben will. Doch es ist nicht zu übersehen, dass die private Kunst-Infrastruktur Wiens eingebrochen ist; auch das Klosterneuburger Essl-Museum befindet sich in einer prekären Situation.

Für Robert Punkenhofer, den künstlerischen Leiter der „Vienna Art Week“, ist Handlungsbedarf gegeben: „Momentan sehe ich nur die Fortschreibung des Status, vielleicht wäre es mit der neuen Regierungsbildung Zeit, zu fragen, was man in den nächsten 20 Jahren will.“

Mehr öffentliche Förderung für zeitgenössische Projekte und internationalen Austausch ist Punkenhofers offensichtliche Forderung – doch im Umgang mit jenen, die wie Habsburg Kunst aus eigener Tasche finanzieren, gehe es auch um eine Atmosphäre der Akzeptanz: „Viel Energie wird in Wien darauf verwendet, Dinge nicht gut zu finden.“

Abzug privater Kunst-Förderer: Wien verliert an Strahlkraft
Weder die Generali-Foundation noch die TBA21 im Augarten waren bzw. sind Magneten für ein Massenpublikum. Doch als Institutionen, die Kunst nicht nur zeigen, sondern auch beauftragen, bilden sie den Boden für Innovationen, die das Renommee von Künstlern begründen und international lange nachhallen. „Was wir hier verlieren, wird von den anderen Institutionen nicht aufgefangen“, sagt Jasper Sharp, einst selbst Mitarbeiter bei TBA21. „Wenn es eine Chance gibt, dagegen aufzutreten, sollte man sie nutzen.“

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