Abschied von Elton John: Viel Spaß, wenig Sentimentalität
Man hätte erwarten können, dass es extrem emotional und wehmütig wird: Elton John, der in 50 Jahren Tourleben schon so oft in der Stadthalle aufgetreten war, kam im Rahmen seiner Abschiedstournee zurück auf diese Bühne. Doch das Konzert Mittwochabend hatte nichts Sentimentales an sich, ähnelte nicht nur im Set, sondern auch in der Stimmung weitestgehend dem Auftritt von 2016. Und denen von 2013, 2008 und 2003.
Und das ist durchaus nicht negativ gemeint. Denn immer schafft es der Brite, allen seinen Zuschauern einen rundum unterhaltsamen Abend zu bereiten. Das macht er zunächst einmal mit einem fast dreistündigen Programm, bei dem er keinen Wunsch offenlässt. Und, auch wenn er sie schon tausende Male gespielt hat, Songs wie „Bennie And The Jets“, „Don’t Let The Sun Go Down On Me“ oder „Daniel“ klingen dabei immer frisch. Auch an diesem 1. Mai 2019 in der Stadthalle. Und wie immer ist auch die Fülle der markanten Melodien, die Elton John geschrieben hat, wieder verblüffend: Von 24 Songs sind nur vier keine Welthits.
Neu ist anno 2019, dass John mehr improvisiert, häufig ausgedehnte Boogie-Piano-Improvisationen in Songs einbaut. Die Freude daran ist ihm - wie man auf den Projektionen auf dem LED-Monster von Bühne, das nicht nur die Bühnenrückwand, sondern auch die Band umhüllt, gut erkennen kann - ins Gesicht geschrieben. Schon 2016 hatte sich abgezeichnet, dass auch sein Gesang wieder besser geworden ist. Klang Johns Vokal-Organ davor rau und kratzig, in den Höhen nur mehr kreischend, erinnert sie jetzt wieder an die Qualität, die man von den Platten kennt.
Aber nicht nur der Klassiker „Rocket Man“ oder die Solo-Piano-Version „Candle In The Wind“, gespielt auf einem über die Bühne fahrenden Klavierpodest, sind in der Stadthalle Highlights. Auch das wenig bekannte „Indian Sunset“, das John mit dem genauso hervorragenden wie legendären Perkussionisten Ray Cooper im Duett spielt, reißt die 11.000 Zuschauer von den Sesseln.
Berührend ist auch eine kurze Rede, in der der Pianist erzählt, dass er in den 80er-Jahren, als er schwer auf Drogen war, ungenießbar und maßlos war, dann clean wurde und sich im Nachhinein dafür genierte, nicht schon damals mehr gegen die AIDS-Epidemie unternommen zu haben.
Und dann mischt sich doch noch ein bisschen Abschieds-Wehmut ins Business-as-usual-Feeling: John bedankt sich bei allen, die je Platten oder T-Shirts gekauft haben. Aber am meisten bei denen, die zu den Shows gekommen sind. Denn: „Das Wichtigste in meinem Leben ist, für andere Menschen zu spielen und die Reaktionen miterleben zu können.“
Es bleibt aber keine Zeit, darüber nachzudenken, warum er dann mit den Tourneen aufhören will. Denn der Mann mit dem Brillen-Tick setzt zum Finale an, lässt die Fans zu „Crocodile Rock“ tanzen, zu „Your Song“ schwelgen und schließt mit seinem berühmtesten Klassiker „Goodbye Yellow Brick Road“, bevor er in einem gläsernen Aufzug die Schräge der LED-Wand hochfährt und in den Kulissen verschwindet. Nicht, ohne Wien ein letztes Mal „bye bye“ zu winken.
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