Absageflut wegen Coronavirus: Künstlerschaft in Existenznöten
Der Erlass des Gesundheitsministers verbietet zwar nur ein Zusammenströmen von mehr als 500 Personen im Freien oder mehr als 100 Personen in einem geschlossenen Raum. Aber nicht nur die großen oder größeren Opernhäuser, Theater und Konzertsäle haben den Betrieb stillgelegt: Am Mittwoch gaben u. a. die Bundesmuseen (KHM, MAK, Albertina, Belvedere u. a.), das Leopold Museum, die Nationalbibliothek und diverse Landesmuseen (darunter das Joanneum, die Kunstmeile Krems, das Wien Museum) die Schließung bekannt.
„Alternativlos“ abgesagt wurde zudem die Diagonale, die von 24. bis zum 29. März in Graz hätte stattfinden sollen. Selbst der kleine Diskursraum Depot in Wien hat die März-Veranstaltungen gestrichen. Und die Galerien in der Eschenbachgasse verzichten heute, Donnerstag, auf die gemeinsame Vernissage.
Weiterhin geöffnet
Mithin ist es fast einfacher, jene Veranstalter aufzuzählen, die weiterhin Programm machen, darunter in Wien das Schauspielhaus, das Bronski & Grünberg und das Schuberttheater, die Neue Bühne Villach und das Klagenfurter Ensemble. Geöffnet bleiben einstweilen die Kunsthalle Wien, die Secession, das Kunsthaus Bregenz, das Vorarlberg Museum, die Tiroler Landesmuseen und das MMKK in Klagenfurt.
Der Erlass gilt bis 3. April. Die Kulturplattform Oberösterreich (Kupf) warnt jedoch: „Es ist mit Blick auf den Verlauf in anderen Ländern davon auszugehen, dass der Erlass verlängert wird.“ Das Filmfestival Crossing Europe (21. bis 26. April in Linz) will mit einer Entscheidung aber zuwarten. Bei den Wiener Festwochen ist man noch entspannt, bei den Salzburger Osterfestspielen nicht mehr.
"Einkommenskatastrophe"
Die Absagen würden für Kunst- und Kulturschaffende eine „Einkommenskatastrophe“ bedeuten, so die IG Autorinnen Autoren in einer Aussendung. Die Interessensgemeinschaft wandte sich daher mit einem „dringenden Hilferuf an die Regierung“. Eva Blimlinger, Kultursprecherin der Grünen und Vorsitzende des Kulturausschusses, ist sich der Situation bewusst: Aufgrund der herrschenden „Existenzängste“ sei es nun Aufgabe der Politik, einen effektiven Maßnahmenplan zu entwerfen. Die Lebensrealität der meisten in der Kunst und Kultur Tätigen erlaubt es nicht, womöglich viele Wochen ohne Einnahmen durchzustehen: „Hier müssen wir schnell handeln.“
SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda forderte die Einberufung eines Krisengipfels mit den Vertretern der Künstler und den Sozialpartnern sowie einen Rettungsschirm. Diese Maßnahmen der Bundesregierung betreffen aber, so die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, „nicht nur die Kultur, sondern viele gesellschaftliche Bereiche“ (darunter die Hotellerie und das Gastgewerbe). Das Kulturamt sei daher „in permanenten Kontakt“ und Austausch mit den anderen Ressorts. „Die prekäre Lage der Kulturszene“ sei ihr und ihrem Team „völlig bewusst“. Derzeit würden Juristen des Rathauses die Konsequenzen prüfen, die sich aus dem Erlass ergeben.
Unterstützungsfonds
Laut Kupf können Künstler beim Unterstützungsfonds des Künstlersozialversicherungs-Fonds um eine Beihilfe zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts bei Einkommensausfall wegen unvorhersehbarer Ereignisse – darunter falle auch der Erlass – ansuchen. TRENK
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