Lang waren die Bücherschätze der Habsburger räumlich beengt an wechselnden Orten aufbewahrt. Als Erbe von Jahrhunderten sind schließlich in den bis unter die Decke reichenden historischen Nussholz-Regalen insgesamt mehr als 200.000 einheitlich gebundene Bände versammelt, die zwischen 1500 und 1850 erschienen sind.
Im Mitteloval unter der gewaltigen, fast 30 Meter hohen Kuppel, die der Freskenmaler Daniel Gran mit allegorischen Bildern geschmückt hat, befinden sich auch die 15.000 Bände des Prinzen Eugen, alle in rotes, blaues und gelbes Maroquin-Leder gebunden, kunstvoll gestaltete Bücherkästen, Globen, Statuen aus Marmor und Büsten, die Herrscher und Feldherren aus der österreichischen Geschichte darstellen.
Anhand von Original-Handschriften, Stichen, Plänen und Skizzen aus der Erbauungszeit stellt die von Andreas Fingernagel kuratierte Schau das inhaltliche Konzept als Büchersaal und als Ruhmeshalle der Habsburger vor. Zu sehen ist zudem, wo sich die ehemalige Antikensammlung befand, wie sich das bis in die 1760er-Jahre uneinheitliche Erscheinungsbild des heutigen Josefsplatz verändert hat und ein neues Ambiente entstand.
Während der Revolution 1848 wird die Bibliothek durch den Brand im Augustinertrakt beschädigt. Im Zweiten Weltkrieg bleibt sie von Bombentreffern verschont und hat auch Glück im Unglück 1992 bei der Brandkatastrophe in der Hofburg.
Eine Freude für den kulturhistorisch interessierten Connaisseur ist der Blick in eine monumentale, mit Kupferstichen illustrierte Monografie über die kaiserliche Bibliothek, ausgeführt vom für seine Stadtansichten berühmten Zeichner Salomon Kleiner (1700–1761) und dem Augsburger Kupferstecher Jeremias Jacob Sedelmayr. Anhand dessen lässt sich das ursprüngliche Aussehen des Prunksaales rekonstruieren.
Übrigens war des Kaisers Denkmal von Anfang an auch für Bürger geöffnet. „Schon mit dem Bau des Prunksaales war eine aufklärerische Idee verbunden“, sagt ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger. „So steht über dem Mitteleingang, dass die Bibliothek zum allgemeinen Nutzen zu benützen sei.“
Allerdings mit Einschränkungen. „Unwissende, Faule, Schwätzer, Diener und Herumspazierer mögen draußen bleiben“, hieß es in der Hausordnung.
Johann Bernhard Fischer von Erlach entwickelte eine neue monumentale Architektursprache, von Historikern als „Kaiserstil“ bezeichnet. Als einer der bedeutendsten Barockarchitekten Mitteleuropas hat er u. a. die Kollegien- und Dreifaltigkeitskirche in Salzburg entworfen und Wien als Wahrzeichen die Karlskirche hinterlassen hat. Schönbrunn war ursprünglich als habsburgische Antwort auf Versailles gedacht. Aber realisiert wurde nur die abgespeckte zweite Version von Fischer von Erlach. Ausstellungen zu seinem 300. Todestag planen heuer auch das Salzburg Museum (6. 4. bis 8. 10.) und 2024 das Wien Museum.
Buchtipp: H. Karner, W. Telesko, S. Schütze: „J. B. Fischer von Erlach und die Baukunst des europäischen Barock“ (Hirmer Verlag), 85 € www.onb.ac.at
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