175 Jahre Wiener Philharmoniker: Anekdoten mit Noten

Jeder Musiker hat schon oft komische oder lustige Situationen bei Proben oder Konzerten erlebt und kann Anekdoten in Dur und Moll erzählen. Denn wo gemeinsam musiziert wird, wohnt meist auch Witz und Humor.

Josef Hellmesberger, Geiger bei den Wiener Philharmonikern, konnte auch Freunden gegenüber sehr kritisch sein. Als ihm Robert Fuchs einmal eine Komposition vorspielte, in der ihm so einiges bekannt vor kam, sagte er: "Fuchs, das hast du ganz gestohlen!" Auf Kritiker war Hellmesberger nicht gut zu sprechen. Als Eduard Hanslick von einer Kur nach Wien zurückkehrte, sagte er: "Der Hanslick ist leberleidend nach Karlsbad gefahren und leider lebend wiedergekommen." Über einen anderen Kritiker, dem man nachsagte, er richte sein Urteil oft nach der Meinung seiner Kollegen aus, stellte er nach der Premiere fest: "Der gäb was drum, wenn er heut wüßt, wie ihm morgen die Oper gefallen wird."

Um kaum einen Dirigenten ranken sich mehr Anekdoten und Bonmots als um Hans Knappertsbusch, der zur glanzvollen Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper nach dem Krieg 1955 eine Inszenierung dirigieren sollte, aber schon die erste Orchesterprobe mit den Worten abgebrochen hat: "Meine Herren, Sie kennen den ,Rosenkavalier’, ich kenne den ,Rosenkavalier’ – wir sehen uns bei der Bühnenprobe."

Apropos Proben. Sie sind für Musiker nicht immer ein Vergnügen. So findet sich im Archiv der Wiener Philharmoniker in der zweiten Geigenstimme des "Lohengrin" nach jener Stelle, wo Lohengrin schwungvoll bekennt: "Elsa, ich liebe dich!" eine handschriftliche Notiz des Geigers Johann Czapauschek: "Hier empfiehlt Czapauschek Tusch in A-Dur und Ende der Oper."

Karl Böhm probte ein Werk von Richard Strauss und äußerte am Ende – mit dem Ergebnis durchaus zufrieden – noch einen Wunsch: "Meine Herren, heute Abend spielen S’ des ein bisserl leiser, es is ja eh so laut komponiert..."

Leonard Bernstein war bekannt für sein Temperament und dafür, dass er jeden umarmte und küsste, der nicht rechtzeitig auswich. Vor seiner Audienz bei Papst Paul VI. erhielt er von einem Freund ein Telegramm mit der Erinnerung: "Denk dran, Lenny: den Ring küssen und nicht auf den Mund." Und für Helmut Wobisch, der sich während der Nazi-Zeit alles andere als mit Ruhm bekleckert hatte, und trotzdem nach dem Krieg bei den Philharmonikern wieder Karriere machte, hatte "Lenny" eine besondere Anrede parat: "My dearest Nazi".

Eine schöne Schnurre gibt es zum legendären Neujahrskonzert unter Herbert von Karajan 1987: Der gebrechliche 78-Jährige, dem wegen einer schmerzhaften Erkrankung der Wirbelsäule bereits das Gehen schwer fiel, saß vor seinem Auftritt im Dirigentenzimmer des Musikvereins. Alle machten sich Sorgen: Wird er das Pult auf der Bühne erreichen? Obendrein weigerte sich Karajan partout, seine Frackhose anzuziehen. Er wollte seine bequeme Trainingshose auch beim Auftritt vor einem Millionenpublikum anbehalten. Und setzte sich durch. Wer’s weiß und genau hinschaut, sieht’s bei der Konzertaufzeichnung. Karajan lachte hinterher, wie berichtet wird, triumphierend: "Und? Hat jemand was gemerkt?"

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