14.000 Kilometer trennen nicht
Jetzt hat sich der 77-jährige Eduard Böhm eh schon in eine Blockhütte am – Verzeihung – A.. der Welt, dem schönsten mit im Wind purzelnden Dornenbüschen, zurückgezogen, wo sich seit 100 Jahren Europäer verkriechen (mitunter, weil sie gesuchte Nazis waren) ... und selbst auf diesem "Territorium" droht Gefahr. Rassismus, Vulkanausbruch, Erdbeben ... und, auch unangenehm, Besuch von einer um 30 Jahren jüngeren Frau.
Und dann hat noch dazu in diesem patagonischen Multikulti-Tal beim Städtchen Quemquemtréu jemand in roter Farbe eine Kalaschnikow auf den Supermarkt gemalt, dazu der Text: "Territorium und Freiheit für Palästina!"
Palästina liegt 14.000 Kilometer entfernt!
Germán Kratochwil – geboren in Korneuburg, als Kind mit den Eltern nach Patagonien ausgewandert – hat im Debütroman "Scherbengericht" bewiesen, dass er Abenteuerliches zu erzählen hat; und es kann.
Er packt einen unverzüglich unter den 30 Meter hohen Monterey-Kiefern, so auch in diesem dritten Buch. Aber er hat Probleme, die Leser über längere Zeit festzuhalten. Daran ändert auch der Sex im Buch nichts. Im Gegengeil – – – teil.
Germán Kratochwil:
„Territorium“
Picus Verlag. 350 Seiten. 24 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Sprache der Krähen
Man glaubt nicht, was im Ra-hah! der Krähen steckt. Was die einander durch Krächzen alles sagen können. Man glaubt ja gar nicht, was die kurzen Sätze in Georg Elterleins Roman „Sprache der Krähen“ alles ausdrücken. Sie wärmen sogar. Hauptfigur Leonard ist kriminell. Ein Kind der „Abschaumsiedlung“, so hat man diese Wiener Wohnblöcke genannt. Aber jetzt ist er um die 50, Einzelgänger, Automechaniker, Räuber.
Leonards Bruder, mit dem er seit 20 Jahren keinen Kontakt hatte, kommt bei einem Unfall ums Leben, dessen Frau auch, und zurück bleibt ein Bub, Erik, der nur ihn, Leonard, als Verwandten hat. Ein Zehnjähriger, freundlich und schüchtern, der nichts redet. Sprachlähmung. Eingesperrte Worte. Leonard, der alte Ganove, streichelt ihm den Kopf.
Autor Elterlein, gelernter Toningenieur, trifft den Thriller-Ton und legt den Schalter um: Familientragödien-Ton, Liebesgeschichten-Ton – wie es passt.
Sehr nett wird das. Zu nett. Wenn am Ende freudig in die Höh’ gesprungen wird, dann wacht man auf: Naja, ein Märchen halt.
Georg Elterlein:
„Sprache der Krähen“ Picus Verlag. 250 Seiten. 22 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Kommentare