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Aber aufgepasst: Der Dichter, um den es hier geht, heißt nicht Hómer (wie die meisten Konsumenten der Zeichentrickserie behaupten), sondern Homér.
Bei besagtem (griechischen) Homer finden wir mehrere Namen, die in unseren Sprachgebrauch Einzug gehalten haben. Wer z. B. jemanden „bezirzt“, also be- oder verzaubert, tut dasselbe wie die Zauberin Circe (griech. Kirke) – die verzauberte auch, und zwar die Gefährten des Odysseus in Schweine (was nicht zur Nachahmung empfohlen wird).
Die lästigen Computer-„Trojaner“ verdanken ihren Namen dem Trojanischen Pferd, in dem sich die Griechen verbargen, bevor sie Troja zerstörten. Doch warum kamen die Trojaner überhaupt auf die Idee, das Pferd in die zuvor zehn Jahre lang belagerte Stadt zu ziehen, also ihren Untergang selbst heraufzubeschwören?
Schuld war, dass sie den einschlägigen Warnungen Kassandras, der attraktivsten Tochter des Trojanerkönigs Priamos, partout keinen Glauben schenken wollten.
Aber die Rufe hallen nach: „Kassandra-Rufe“ gelten heute noch als Warnungen, die nicht erhört werden.
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Für Rufe anderer Art bekannt waren die „Sirenen“. Sie sollen durch ihren betörenden Gesang Seefahrer auf ihre Insel gelockt haben, um sie danach ins Verderben zu stürzen. Freilich erstaunlich, dass Charles de la Tour sein 1819 erfundenes Alarmgerät „sirène“ genannt hat – als Lockruf interpretiert das Geheul wohl niemand.
Ebenfalls auf Homer zurückzuführen ist der „Mentor“, der heute gerne als Synonym für einen Ratgeber verwendet wird.
Bei diesem Begriff handelt es sich um einen männlichen Eigennamen: Mentor hieß jener väterliche Freund, dem Odysseus während seiner Abwesenheit die Aufsicht über seinen Sohn Telemach überließ. Sprachlich gesehen ist daher die weibliche Form „Mentorin“ (analog zu Autor/Autorin etc.) ein bisserl hatschert – oder würden Sie aus einem Theodor eine Theodorin (oder gar aus einem Tenor eine Tenorin) machen? Wohl eher nicht, so der allgemeine Tenor.
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Fundstück der Woche: „Katakomben wegen Krankheit geschlossen“ (Hinweistafel in der Salzburger Erzabtei Sankt Peter).
Jaja, auch Katakomben können manchmal eine Grippe ausfassen!
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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