Denn: „scheinbar“ bedeutet „nur dem Schein nach, aber nicht wirklich“: Wer scheinbar krank ist, tachiniert also nur, wer scheinbar ein guter Elferschütze ist, trifft schon einmal statt des Tores die benachbarte Tennishalle, wer scheinbar ein guter Autofahrer ist, hat sein Auto sicher schon mehrfach demoliert. – „Und i frag mi, warum i no' da bin, / zum Aussteig'n bin i scheinbar zu feig“, behauptet Peter Cornelius in seinem Lied „Reif für die Insel“ – und beteuert damit eigentlich, dass er nur dem Anschein nach zu feig zum Aussteigen ist, tatsächlich aber demnächst aussteigen wird.
***
Der Grund für die häufige Falschverwendung von „scheinbar“ liegt in der Existenz des irgendwie ähnlich klingenden Wortes „anscheinend“. Dieses bringt – im Gegensatz zu „scheinbar“ – die Vermutung zum Ausdruck, dass etwas tatsächlich so ist, wie es erscheint: Wer anscheinend krank ist, ist offenbar wirklich krank, wer anscheinend ein guter Elferschütze ist, trifft meistens wirklich ins Tor, wer anscheinend ein guter Autofahrer ist, bleibt mutmaßlich unfallfrei.
***
Nicht scheinbar, sondern anscheinend des Italienischen nicht restlos mächtig ist der Wirt, in dessen Lokal Ihr Wortklauber kürzlich zu Abend speiste. Chili con cane („Chili mit Hund“) wurde in der Speisekarte empfohlen – ein Gericht, auf das dankend verzichtet wurde. Vergleichsweise harmlos erschienen die „Gefüllten Tomaten mit Advocato-Creme“ – nicht zuletzt deswegen, weil die Advokaten ja zur Crème de la Crème der Gesellschaft gehören.
***
Anfrage der Woche: „Sie können mir sicher helfen. Sky du Mont schwärmt heute im Kurier von seiner Partnerin, obwohl sie nur „teilweise„ zusammenleben. Wie kann man sich das vorstellen?“ fragt Leserin Margit S.
Das kommt darauf an, um welche Teile es sich handelt, meint der Wortklauber.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
Kommentare