Es stellt sich die Frage: Warum besichtigen Gläubiger (samt ihren weiblichen Kolleginnen) den Friedhof statt ihre Forderungen einzutreiben? Und was ist mit den Gläubigen – dürfen sich die ebenfalls den Schlüssel bei der zuständigen BearbeiterIn (oder ist die doch ein Mann?) holen?
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Womit wir beim allseits beliebten Thema „Gendern“ wären. Dazu ein paar Fakten: Englisch gender bedeutet „Geschlecht“. Das Verb gendern bedeutet, sich einer gendergerechten (also alle Identitäten umfassenden) Sprache zu bedienen. Diese Tendenz ist als Gegenbewegung zum sog. generischen Maskulinum zu sehen, bei dem für Personenbezeichnung im Plural immer die männliche Form verwendet wird, auch wenn nicht alle beschriebenen Personen männlich sind. Besteht also zum Beispiel ein Lehrkörper aus Frauen und Männern, lautet das generische Maskulinum „die Lehrer“, die gegenderte Variante „die Lehrerinnen und Lehrer“.
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In der geschriebenen Sprache erfreuen sich statt der sperrigen Doppelnennung andere Varianten großer Beliebtheit: Binnen-I („LehrerInnen“), Gender Gap („Lehrer_innen“), Gender-Sternchen („Lehrer*innen“) und Doppelpunkt („Lehrer:innen“). Nachteil all dieser Schreibweisen: Sie sind in der gesprochenen Sprache nicht hörbar (da hilft auch der hoppertatschige „Glottisschlag“ im ORF nichts). Und: Was herauskommt, führt erst recht wieder zu Verständnisschwierigkeiten (sind „WapplerInnen“ jetzt alle weiblich oder sind da auch Männer darunter?).
Der „Rat für deutsche Rechtschreibung“, die maßgebende Instanz für die deutsche Sprache, hat übrigens 2021 empfohlen, die genannten Schreibweisen nicht in das Regelwerk der deutschen Sprache aufzunehmen.
PS: Wie gendert man eigentlich „Hebamme“ richtig?
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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