Wann besteht Anspruch auf Pflegefreistellung?
Mein Mann ist derzeit in Karenz und kümmert sich um unseren einjährigen Sohn. Jetzt ist er selbst schwer erkrankt und zur Behandlung im Krankenhaus. Andere Betreuungspersonen, wie z. B. unsere Großeltern, stehen uns leider auch nicht zur Verfügung. Kann ich selbst zu Hause bleiben, um unseren Sohn zu betreuen?
Ja, im Rahmen der Betreuungsfreistellung ist das möglich. Sie kommt für Arbeitnehmer gerade dann in Betracht, wenn das eigene Kind (Wahl- oder Pflegekind) betreut werden muss, weil die eigentlich zuständige Betreuungsperson aus bestimmten, im Gesetz abschließend aufgezählten Gründen, ausfällt. Neben dem Tod des anderen Elternteils oder einem Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt kann dazu auch eine schwere Erkrankung zählen. Wichtig ist aber, dass Ihr Mann das Kind ständig, das heißt zumindest regelmäßig, betreut. Wird das Kind von mehreren Personen abwechselnd betreut, dann führt ihre Verhinderung zu keinem Anspruch auf Betreuungsfreistellung. Gleiches gilt bei bloß leichten Erkrankungen oder anderen Verhinderungsgründen (wie z. B. der Schließung des Kindergartens).
Daneben kann die „klassische“ Pflegefreistellung dann in Anspruch genommen werden, wenn es notwendig ist, dass ein Arbeitnehmer einen im gemeinsamen Haushalt lebenden nahen Angehörigen, wie insbesondere sein Kind oder auch den Ehepartner, pflegt. Kann eine andere Person (wie z. B. Partner, Großeltern oder Tagesmutter) die erkrankte Person pflegen, dann ist die Pflege durch den Arbeitnehmer nicht notwendig und der Anspruch auf Pflegefreistellung besteht daher nicht.
Im Rahmen der sogenannten Begleitungsfreistellung können Eltern ihr unter zehn Jahre altes Kind auch bei einem stationären Krankenhausaufenthalt begleiten. Ist das Kind bereits älter, besteht der Anspruch nur in außergewöhnlichen Fällen (etwa bei einer besonders schweren Operation).
Alle Arten von Pflegefreistellung können grundsätzlich sofort nach Beginn des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen werden. Der Arbeitgeber ist aber jedenfalls rechtzeitig, das heißt so rasch als möglich, über die Pflegefreistellung zu informieren. Der Arbeitgeber kann auch einen entsprechenden Nachweis für die Verhinderung verlangen, z. B. eine ärztliche Bestätigung.
Der Anspruch auf Pflegefreistellung besteht maximal im Ausmaß einer Wochenarbeitszeit pro Arbeitsjahr, und zwar sowohl für die klassische Pflegefreistellung als auch eine Freistellung wegen der notwendigen Betreuung oder Begleitung eines Kindes zusammen.
Ist die erste Woche Pflegefreistellung zur Gänze verbraucht, kann unter Umständen ein Anspruch auf erweiterte Pflegefreistellung bestehen, und zwar im Ausmaß einer (weiteren) Wochenarbeitszeit. Dieser Anspruch besteht aber nur, wenn die Arbeitsverhinderung wegen der notwendigen Pflege eines noch nicht zwölfjährigen erkrankten Kindes eintritt (also nicht bei Erkrankung anderer Angehöriger, älterer Kinder oder zur Betreuung sowie Begleitung eines Kindes).
Sollte es danach zu einer nochmaligen Erkrankung eines Kindes bis zwölf Jahren kommen, so steht es dem Arbeitnehmer frei, seinen Urlaub ausnahmsweise auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers anzutreten.
Lisa Kulmer
Anfragen zu Rechtsthemen: rechtpraktisch@kurier.at
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