Vegan mit ohne Kuh

Vegan mit  ohne Kuh
Schlimm genug, dass wir vieles nicht wissen, noch schlimmer ist, dass wir ja gar nicht wissen, was wir nicht wissen, schreibt Nadja Maleh.

Neulich im Geschäft, ich begutachte eine hübsche Geldtasche. Ein Etikett mit der Aufschrift „vegan“ baumelt an der Seite herunter. Ich vergewissere mich beim kompetent wirkenden Verkäufer, dass die Börse auch wirklich vegan ist, seine begeisterte Antwort: „Ja klar, das ist echtes Kuhleder!“. Ich stutze und erwidere mit äußerst ruhiger Stimme „Aber vegan bedeutet doch, ohne jegliches tierisches Produkt!“. Daraufhin seine bestechend logische Antwort „Naja, schauen Sie, die Börse ist aus Kuhhaut, aber die Kuh isst ja kein Fleisch, sie ist vegan. Daher ist auch die Börse vegan!“. Er sieht mich leicht genervt an, ich kann seine Gedanken lesen: „Was für eine ungebildete sture Kundin.“ Ich verharre kurz in Andacht ob dieses wunderschönen Augenblicks, Zeit und Raum scheinen stehen zu bleiben. Ehrfurcht überkommt mich. Gott MUSS sich bei all dem, was überlegt haben, anders gibt’s das nicht. Dann schaue ich mich um, ob ich irgendwo eine versteckte Kamera entdecken kann. Kann ich nicht. Ich bedanke mich höflich und schwebe leicht benommen aus dem Geschäft. Ob Aliens unter uns existieren? Ich habe keine Zweifel mehr, sie tarnen sich als freundliche Geldtaschenverkäufer. In seinem Kopf hat seine Aussage bestimmt Sinn gemacht, aber außerhalb seines Kopfes eher nicht. Das blöde bei blinden Flecken ist, dass sie tatsächlich blind sind. Und uns blind für unsere Blindheit machen. Schlimm genug, dass wir vieles nicht wissen, noch schlimmer ist, dass wir ja gar nicht wissen, dass bzw. was wir nicht wissen.

Ich habe mich mit dem Gedanken angefreundet, meine alte (tatsächlich vegane) Geldbörse bis an mein Lebensende zu benutzen. Jedes Mal, wenn ich sie anschaue, werde ich lächelnd an meinen lieben Alien-Freund im Taschengeschäft denken müssen. Und an vegane Kühe. Alles macht Sinn, oder?!

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