Die Pomelo verdrängt das Sauerkrautfass
In den 1980er-Jahren waren exotische Früchte noch neumodisches Zeugs. Meine Omi schickte mich zum Obst- und Gemüsehändler Wanek, um einen Kilo Ananas zu kaufen. Damals gab es noch Obst- und Gemüsehändler und in ihren Läden standen große Holzfässer, aus denen es nach Sauerkraut roch. Damals sagte man „Ananas“ zu den Erdbeeren. Zu den Ananas sagte man „Hawaii-Ananas“. Dabei war der Unterschied eh klar, weil um die Hawaii-Ananas hätte mich meine Omi ja nicht per Kilo, sondern per Stück geschickt. Und eigentlich nicht um Stück, sondern um Dosen. Und nicht zum Wanek, sondern zum „Konsum“.
Ananas kannte man in den 1980ern eigentlich nur als in Zuckerwasser eingelegte Dosen-Ringe, die meist unter Scheiblettenkäse auf die Pizza kamen. Der richtige Umgang mit der neumodischen Frucht war fremd, niemand wusste sie selbst richtig zu zerlegen – das gilt aber bis heute. Apropos: Weiter hinten geht es um die Papaya.
Dieses Phänomen wiederholt sich regelmäßig, wenn wieder eine fremde New-Age-Frucht die Bühne der heimischen Obstabteilungen betritt, nun halt im Supermarkt, der nicht mehr „Konsum“ heißt und wo es mittlerweile das Sauerkraut nur mehr im Packerl gibt. Feigen, Litschis, Kumquats, Mangos, Granatäpfel – was haben wir in den vergangenen Jahrzehnten nicht alles kennen-, lieben- und hassen gelernt. Am Anfang steht immer das Versprechen von wahnsinnig viel Vitaminen und Antioxidantien der Unwissenheit gegenüber, ob man das Ding nun schälen muss, ob man nur das Innere oder nur die Schale isst, ob die Kerne genießbar oder todgiftig sind. Man kauft, probiert und wirft nach drei Wochen den halben Granatapfel aus dem Kühlschrank in den Mist.
Bei mir liegt zum Beispiel gerade eine halbe Pomelo herum. Bei einem Asia-Kochkurs (bei „Confusion“ in 1090 Wien, tolle Sache, schauen Sie sich das mal an) kam ich dermaßen auf den Pomelogeschmack, dass ich sofort eine erwerben musste. Und ja, schmeckt eh gut. Aber dann denkt man nicht dran und überhaupt ist ein ordinärer Apfel ja auch gut. Die Polemos liegen dort, wo früher im Supermarkt das Sauerkrautfass stand. Und nun frage ich mich, wieso noch kein Rechtstraditionalist diese kulturelle Verdrängung angeprangert und eine sofortige Remigration der ganzen Exotensippe gefordert hat.
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