Staunen und wundern …

Joesi Prokopetz
Joesi Prokopetz über den Leitsatz "Ich zweifle, also bin ich".

„Verlerne nie zu staunen“, raten uns Menschen, die ihren Lebensentwurf oft an Elfen delegieren, nach dem Mondkalender leben und überzeugt sind von der heilenden Wirkung der Edelsteine, wobei oft auch Halbedelsteine herhalten müssen.

Sie stehen, staunend vor jedem Sonnenauf- oder -untergang, wie auch vor den krakeligen Strichmännchen eines Kindes und besuchen Seminare, um ihr eigenes „inneres Kind“ zu finden.

Sie spüren die „Weltseele“; aber nur, wenn sie ihren Talisman bei sich tragen und empfinden auch den heftigsten Schicksalsschlag so, dass er auch sein Gutes hat. Sie staunen, wenn es alljährlich Frühling wird, alles „so herrlich blüht“ und gehen mit weit geöffneten hellen Augen durchs Leben und haben vielleicht schon ein Lichtwesen oder gar einen Engel gesehen. Sie vertrauen der Stimme in „ihrem Herzen“, lauschen ihr staunend und wenn jemand sagt, das wäre der innere Monolog, den ohnehin jeder „hört“, dann lächeln sie bloß ätherisch. Sie glauben an das Gute, das am Ende immer triumphiert und dass die Liebe den Tod besiegt.

Sie staunen die düsteren Tatsächlichkeiten einfach weg. Wie gesagt: Sie staunen.

Wundern hingegen tun sich die kaltherzigen Realisten, worüber sich alles staunen lässt und was sich so viele Menschen schön denken können, rationalen Argumenten und fundiertem Wissen nicht zugänglich sind. Die Worte „Höre und staune“ sind meist gefährlich und willfährige Diener der Demagogie. Daher staunet nicht über jeden Schmarren, sondern wundert euch lieber über das unhinterfragt Bestaunte. Denn Staunen ist Glauben. Wundern ist Zweifeln.

Zum „Cogito, ergo sum“ (Ich denke, also bin ich) führt ausschließlich das „Dubio, ergo sum.“ (Ich zweifle, also bin ich.)

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