Sei einfach du selbst!

Sei einfach du selbst!
Sei einfach du selbst!: Nette Aufforderung, fatale Anweisung oder Unmöglichkeit? Nadja Maleh geht die Optionen durch:

1) Option nette Aufforderung: Was passiert, wenn man sich stundenlang in den (Un)Tiefen sozialer Medien verliert? Man vergisst sich selbst. Und was passiert, wenn man sich den kleinen Zeh an der Bettkante anhaut? Da erinnert man sich wieder an sich selbst. Auf eine unerfreuliche Weise, aber zumindest spürt man sich selbst wieder. „Sei du Selbst“ könnte also in diesem Zusammenhang bedeuten: Öffne doch endlich wieder mal das echte window und scroll dich analog durch die ungefilterte reality!

2) Option fatale Anweisung: Wenn der eigene Schatz laut furzend am Sofa sitzt, sich die Zehennägel ebendort schneidet und dabei ausländerfeindliche Witze grölt, mit der banalen Erklärung „DU hast letztens g’sagt, ich soll einfach ich selbst sein. Na bitte, so bin ich selbst!“, dann empfiehlt sich eine drastische Kurskorrektur: „Ich nehme alles zurück, bitte sei um Gottes Willen alles, nur nicht du selbst!“

3) Option Unmöglichkeit: Impliziert „Sei du selbst!“ denn nicht, dass es ein wahres und ein falsches Selbst gäbe? Ermöglicht das denn nicht faule Ausreden wie „Ja, Herr Inspektor, es stimmt, ich habe den Mann verprügelt, aber ich bin vor Kurzem von einem Wolf gebissen worden und seitdem muss ich bei Vollmond immer alle verprügeln. Glauben Sie mir, da war ich nicht ich selbst.“ Ist man denn nicht immer man selbst (mit Licht und Schatten) und sollte man denn nicht alles, was man tut und sagt, in die eigene Verantwortung nehmen? (außer man wird von einem Werwolf gebissen, da kann echt niemand was dafür!) Das Gesamtkunstwerk „Selbst“ verändert sich natürlich beständig! Könnten wir uns also nicht öfter mal fragen „Wer möchte ich sein?“ – furzender Werwolf oder leiwander Sofasurfer?

Kommentare