Scharner-Kolumne: Salzburg marschiert, die Konkurrenz jammert
Die Europacup-Erfolge des Meisters heißen nicht, dass in der Liga alles gut wäre. Salzburg ist zwei Klassen besser. Die Europacup-Saison bleibt auch nach dem 2:4 in Rom ein großer Erfolg für Salzburg. Zwei Auswärtstore lassen die Hoffnung, dass zuhause durch einen Sieg mit (mindestens) zwei Toren der Aufstieg gelingt. Unabhängig davon besteht die Gefahr, dass falsche Schlüsse gezogen werden. Nach dem Motto „Schaut her, wie gut die Liga ist.“ Nein, nur Salzburg ist so gut.
Vielleicht war es beim damaligen Einzug der Salzburger Austria in das Europacup-Finale noch gerechtfertigt, die Bundesliga mitzuloben. Doch die Zeiten und die Ausgangslage sind 2018 ganz anders.
Quizfragen
Grundsätzlich sind zwei Fragen entscheidend: Wie strukturiert und professionell arbeite ich (unabhängig von der Summe der investierten Gelder)? Und: Welche Visionen und Ziele verfolgt ein Verein langfristig?
Beide Fragen werden von Red Bull so gut beantwortet, dass der Abstand zur Konkurrenz in der Liga immer größer wurde. Das ist kein Klasseunterschied mehr, sondern die Differenz von zwei Klassen.
Salzburg ist gar nicht mehr darauf ausgerichtet, „nur“ Meister zu werden. Es geht vielmehr darum, die Spieler auf internationales Niveau zu bringen (was später dann auch Leipzig hilft). Das geht nur, wenn im Training jeden Tag an die Grenzen gegangen wird. Die tägliche Arbeit ist in Salzburg intensiver als bei anderen Vereinen der Auftritt in Pflichtspielen. Bei der Austria etwa wurde viel zu viel regenerativ trainiert. Wenn es für eine Handvoll Spieler nicht anders geht, weil der Lebensstil nicht professionell ist, hat der Verein ein grundsätzliches Problem.
Der zweite große Vorteil der Salzburger ist die mittlerweile verfestigte Siegermentalität: Die Spieler glauben wirklich an ihren eigenen Erfolg.
Ich finde es schade, dass die Konkurrenz immer über die finanziellen Nachteile jammert und sich dadurch angenehme Ausreden schafft. Gerade bei Rapid wäre noch so viel ungenutztes Potenzial vorhanden.
Englisches Beispiel
Dass Geld nicht alles ist, hat nicht nur der Meistertitel von Leicester in der teuersten Liga der Welt bewiesen. Das zeigt aktuell in England auch mein Ex-Verein West Bromwich: 150 Millionen Euro stehen dem Klub jährlich zur Verfügung. Das ist doppelt so viel wie in Salzburg. Herausgekommen ist eine erfolglose Söldnertruppe.
Die Spieler können sich mit dem Verein nicht identifizieren, sie werden nach dem Abstieg weiterziehen. Dabei hätte mit diesem Kapital (auch wenn in England die Gehälter höher sind) eine nachhaltige Struktur mit einer echten Philosophie entwickelt werden können.
Dass dafür Geduld nötig ist, hat sich auch in Salzburg gezeigt. Und hier beginnt das nächste Problem der Konkurrenz. Selbst wenn jetzt der richtige Weg eingeschlagen wird: Wer bekommt so lange Zeit, Enttäuschungen nach nötigen Änderungen ohne neuerliche Rückzieher durchzuziehen?
paul.scharner@kurier.at
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