Paaradox: Zucchini und Zucken

Paaradox: Zucchini und Zucken
Kuchenexperiment. Im Rezept für eine gute Ehe stehen eine Fülle von Geschmacksfragen.

SIE

Es war heiß, was meinen Versuch, dem Mann nebenan die Vorzüge eines leichten Zucchinikuchens  näherzubringen, erschwerte. Denn bei Z wie Zucchini zuckt er zofort zuzammen und wird zehr, zehr zappelig. Zählt er doch zur Spezies der Zucchiniintoleranten, was immer wieder in Feststellungen wie diesen mündet: Das ist grün, das schaut aus wie eine Gurke, das ist nur sinnvoll, wenn es groß genug ist, um damit Baseball zu spielen.  Ja, Gurken mag er auch nicht.

Definiere „saftig“

Es nützte dann auch nix, als  ich ihm erkläre, dass in einem Zucchinikuchen keine Baseballschläger-Vorläufer stecken, sondern nur ganz klein gehäckselte Anteile des Gemüses, die den Kuchen besonders saftig machen. So ähnlich wie bei einer Karottentorte. Ein Fehler, denn  auch die hält er für einen kulinarischen Irrläufer. Also stritten wir nun über die Existenzberechtigung von Zucchini UND Karotten in unserem Speiseplan. Er querulierte:  Karotten sind nur was für Nager, ich habe zwei Inlays, ich mag nicht an Torten nagen. Außerdem gehört allen Menschen, die Karotten auf einen Griller legen, in der Sekunde die Lizenz zum Grillen entzogen. An dieser Stelle entfaltete sich das Gespräch mehr in Richtung „Definiere saftig“. Er schwärmte von Rezepturen, die saftige Schokolade, saftige Alkoholika oder saftiges Fleisch enthalten. Schließlich provozierte er mit der Ansage, dass es höchste Zeit wäre, einen Gugelhupf aus Rumpsteaks zu erfinden. Dafür verdiene es den goldenen Kochlöffel.  Ich habe dann trotzdem den Zucchinikuchen gebacken, ihm aber erzählt, da wäre statt der Baseballschläger viel Butter,  viel Zucker und viel Ungesundes  drin. Schmeckt man, herrlich, sprach er und nahm gleich drei Stück. Nun ja, eigentlich gebührt mir der goldene Kochlöffel – für  „besonders raffinierte Gerichte“.

gabriele.kuhn@kurier.at

Facebook: facebook.com/GabrieleKuhn60

ER

Seit ich kulinarisch denken kann, erklären mir Omas und  Tanten, Mutter und Frau sowie sonstige Köchinnen und Köche unabhängig voneinander und mit erhobenem Kochlöffel, welche Besonderheiten in Gerichten unbedingt versteckt werden müssen,
um wahren Geschmack zu gewährleisten. Leider betrifft das viel zu oft Zutaten, die ich nicht leiden kann.  Ganz einerlei, ob das Melanzani   in den Spaghetti, Salbei im Schweinsfilet oder Rosinen im Gugelhupf sind – ich mag’s lieber ohne. Leider höre ich trotzdem nie „Na gut, verständlich“, sondern stattdessen  nur den bedeutendsten aller Kalmierungssätze: „Jetzt mach kein Theater, das schmeckst ja eh nicht.“ Als wüsste auf diesem ganzen Planeten irgendjemand anderer als ich, was ich schmecke und was nicht.


Wie im Rezept

Daher bleibt mir zur Rettung meiner sinnlichen Vorlieben immer nur eine der großen Fragen des Lebens: „Warum um Himmels Willen muss der Reis mit Heerscharen winziger Zucchinistückerln angereichert werden, wenn ich diese mir verhassten Zucchinistückerln ohnehin gar nicht schmecke?“ Meine Lieblingsantwort lautet dann: „Ja, meine Güte, weil das so im Rezept steht.“ Was sind das bitteschön für Rezepte, in denen anscheinend notiert ist: Und wer  sich als  Frevler am ewigen Reis versündigt und  die Zucchinistückerln weglässt, dem wird der Gott der Kürbisgewächse zürnen, und es soll bis zum letzten Tag des Seins Rote Rüben regnen. Dass ich dann trotzdem drei Stücke des experimentellen Spezialkuchens  verputzt habe, war allerdings kein Fall eines Nichtwissens, sondern  strategische Vorschau. Denn wer gnä Kuhn heute mit einem „Ausgezeichnet“ recht gibt, hat morgen mehr Glaubwürdigkeit, wenn er vom Einkaufen zurückkommt und sagt: „Sorry, Schatzi, Rosinen und Salbei waren aus.“

michael.hufnagl

Twitter: @MHufnagl

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