Mit 85 Jahren will sie modern werden. Sie will ein Smartphone.

Und das, obwohl sie bisher nicht einmal einen Computer hatte. Ich erstarre vor Schreck.
Simone Hoepke

Simone Hoepke

Meine Tante war 35 Jahre alt, als die weltweit erste Nachricht übers Internet verschickt wurde. Das war 1969. Der Computer des Empfängers ist vor lauter Schreck gleich abgestürzt. 20 Jahre später hatten gerade einmal 100.000 Nerds einen Webzugang. Meine Tante gehörte nicht zu diesem Kreis. Technik im Allgemeinen und Smartphones im Speziellen haben sie nie interessiert. Bis jetzt.

Gestern ruft sie mich an. Sie will jetzt „eine moderne Frau“ werden, verkündet sie. Sie will ein Smartphone. Und das, obwohl sie bisher nicht einmal einen Computer hatte.

Ich erstarre vor Schreck.

Mein Vater hat seit zwei Jahren ein Smartphone. Ich rufe ihn oft zwei, drei Mal hintereinander an, bis er endlich abhebt. Fluchend, weil dieses „depperte Handy“ schon wieder „spinnt“. Das passiert nur, wenn ich anrufe. Liegt also ganz klar an meiner Art anzuklingeln. Sicher nicht an seiner Art, den Touchscreen des Handys zu bedienen, folgert er.

Die erste WhatsApp-Nachricht vom Schwiegervater war auch spannend: „Whiskey Washington“. Auf die Frage, was das für ein Geheim-Code ist, kam keine Antwort. Den ganzen Abend nicht. Tags darauf hat er abgestritten, überhaupt etwas geschrieben zu haben. Wie auch?! Er weiß ja nicht mal, wie das geht. Klingt logisch. Da er am besagten Abend allein Zuhause war, gehen wir davon aus, dass Außerirdische mit uns Kontakt aufnehmen wollten.

Meine Tante will solche Geschichten nicht hören. Täglich werden 280 Milliarden Nachrichten im Internet verschickt. Würde jemand Donald Trump das Handy wegnehmen, wären es deutlich weniger. Meine Tante sagt, wenn dieser vernunftbefreite Präsident Nachrichten schreiben kann, wird sie das ja wohl auch noch lernen können.

Argumentieren kann sie. Jetzt steigt sie mit 85 Jahren ins Internetzeitalter ein.

Andere schalten mit 75 einfach das Internet aus. So wie eine Georgierin. Sie wollte Kupfer sammeln und hat dabei zufällig ein Glasfaserkabel nahe Tiflis zerstört. Ganz Armenien und Teile Georgiens waren stundenlang offline.

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