#klugscheißen … in jeder Suppe ein Haar!
Ich habe letztens etwas gepostet. (So weit, so fad.) Ich habe Stellung bezogen zu den Protesten der Frauen im Iran. (Jetzt wird’s schon spannender.) Und Solidarität gezeigt, mit einem Foto von mir mit verrutschtem Kopftuch – seitlich schauten meine Haare heraus – plus Erklärungstext. Weil das nicht „korrekte“ Tragen eines Kopftuches zum Tod einer jungen Frau und zu vielem mehr geführt hat. Die iranische Sittenpolizei hat eben ganz genaue Vorstellungen davon, wie Frau sich in der Öffentlichkeit zu kleiden hat. Sichtbare Haare sind dort unerwünscht.
Es ging mir also darum, empathisch Haltung zu zeigen und die sozialen Medien für mehr als nur Selfies zu nutzen. (Fotos von Schuhen heißen auf Instagram nun „Shoefies“ und sind der neueste Trend. Falls Sie das nicht wussten, jetzt wissen Sie’s. Leider.) Worum es mir ging? Ja, ich bin Künstlerin und daher naturgemäß narzisstisch veranlagt, normal gestört eben, aber es ging mir herzlich wenig um meine Person und herzlich viel um Bewusstheit für die Situation dieser Frauen. Was viele einfühlsame, aber auch einige seltsame Kommentare zur Folge hatte, wie ich den Post „besser“ hätte machen sollen: Ich hätte besser ein Foto mit „Soll“-Zustand posten sollen, statt das Problem zu reflektieren. Ich hätte das Tuch nicht tragen, sondern verbrennen oder am besten gar nichts zu dem Thema posten sollen, weil es den Frauen dort eh nichts bringt. Der Fokus lag also plötzlich auf mir, anstatt auf den unhaltbaren Umständen. Wie gibt’s das? Dass wir anderen ständig sagen, wie sie zu denken, handeln und zu posten haben? Dieser Klugscheißer-Zwang, zu korrigieren. Es gibt Menschen, die finden in jeder Suppe ein Haar. Weil sie davorsitzen und so lang mit dem Kopf schütteln, bis eines reinfliegt.
Vorschlag: Wäre es nicht viel superer, diese Energie auf die konstruktive Veränderung tatsächlicher Missstände zu richten? #IranProtests2022
Kolumne auf kurier.at/kolumnen
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