Der gestiefelte Katar

Der gestiefelte Katar
Paul Pizzera über die Fußball-WM.

In genau einer Woche wird das wohl umstrittenste Eröffnungsspiel in der Geschichte des Fußballs auf der Halbinsel am Persischen Golf angepfiffen: Die Fußballweltmeisterschaft sowie deren Vergabe ist von Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Spionage so derart überschattet, dass vom generellen Boykott des Events an sich, bis zur erfolgreichen Durchführung desselben, inklusive rekordverdächtigen Zuschauerzahlen alles möglich erscheint. Bis zu 200 Milliarden US-Dollar hat sich Katar den Zuspruch der FIFA kosten lassen, um voll klimatisierte Stadien binnen zwölf Jahren aus dem Wüstenboden zu stampfen, damit man einen Großteil derselben, nach Beendigung der „Festivitäten“, wieder abreißen kann. Ökologisch betrachtet selbstverständlich ein hirnverbranntes Schwachsinnsprojekt, das seines Scheichen sucht, jedoch in einem Land, in dem der Strom ohnehin gratis bezogen wird, keine zu Recht renitente Fridays-For-Future-Bewegung zur Folge haben wird.

Die Erbauung der Spielstätten war selbstverständlich nur durch die rigorose Ausbeutung asiatischer und afrikanischer Arbeitsmigranten zu bewerkstelligen, deren Todeszahl mit direktem Bezug auf die WM in Katar zwischen sechs- und fünfzehntausend (!) rangiert. Ja, der moderne Fußball macht es möglich und zeigt auf, dass die Redewendung „Das Runde muss ins Eckige“, schon lange nicht mehr das Toreschießen meint, sondern die Mediengeilheit von Blatter und Platini, welche sich selbst so dermaßen gern im Fernseher bewundern, anstatt integer und zeitgenössisch um die schönste Nebensache der Welt zu kämpfen. Gott sei Dank gibt es da noch die Formel 1, die wenigstens den Anstand hat, jedes Jahr in Bahrain zu starten, wo homosexueller Geschlechtsverkehr mit dem Tode bestraft wird.

Integrität kann man nicht kaufen, Infantino schon.

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