Wein-Flaschenpost: Steilhänge, Regen, Ruhe und Stachelbeeren

Im Sommer gibt es Stachelbeeren bei meiner Oma, im Winter Sauvignon von den Steilhängen des Sattlerhofs.
Juliane Fischer

Juliane Fischer

Das Weingut Leiner vergangene Woche mag ein Geheimtipp gewesen sein. Das kann man vom Sattlerhof, dem zweiten Weingut, das in die Biodynamiker-Vereinigung „Respekt“ aufgenommen wurde, so gar nicht behaupten. Die Sattlers sind in der südlichsten Weinregion Österreichs und dort ein Vorzeigebetrieb. Jedes Gebiet hat seine Vor- und Nachteile – nicht nur die Klimakatastrophe, auch die intensivierte Bewirtschaftung bringt diese verschärft hervor, aber fest steht: Die steilen Hänge und der viele Niederschlag sind nicht gerade easy-peasy. Das schicken südsteirische Winzer immer gerne gleich voraus.

Dass der Sattlerhof seit 2013 biologisch und nun auch biodynamisch wirtschaftet, scheint mir kein „Trotzdem“, sondern ein „Deswegen“ zu sein. „Die Weingärten werden ruhiger, die Lagen finden sich mehr“, meint die Winzerfamilie. Und sie selber würden auch ruhiger werden bei der Kellerarbeit. Die große Vision der Brüder Andi und Alex – ja, wie das Kochduo: Weine erst frühestens ein Jahr nach der Lese auf den Markt bringen. Dafür haben sie ein hochprofessionelles Kühllager angeschafft, erzählen die beiden.

Vom Ortswein Gamlitz Sauvignon Blanc gibt es noch die „Spätfüllung“ 2018. Sein Duft erinnert mich an die Stachelbeer-Sträucher bei meiner Oma hinter dem kleinen Holzschuppen. Am Gaumen gibt sich der Wein schlank, kühl und voll tiefer Würzigkeit nach Brennnessel, Schwarzkümmel und Bohnenkraut. Gut Ding darf Weile brauchen.

Sie kostet sich durch die Weinwelt, arbeitet als freie Journalistin und zum Ausgleich in ihrem Weingarten in Niederösterreich.
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