Johannas Fest: Es wird wieder gefeiert

Rein vom Gefühl her und ohne genau Buch geführt zu haben, stelle ich fest, dass die private Gastlichkeit zurückgekehrt ist.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Vielleicht ist es ja voreilig, schon am 22. August Bilanz zu ziehen. – Nein, ich meine nicht, wie viele Hitzerekorde dieser Sommer gebracht hat, auch nicht wie viele Gartenpartys ins Wasser gefallen sind, nicht die Anzahl von Überschwemmungen und schon gar nicht, wie sich das Pandemiewesen in Infektionszahlen niedergeschlagen hat. Ich fokussiere auf die Rubrik, in der diese Kolumne erscheint, nämlich auf Feste: Taufen, Geburtstagsfeste, Hochzeiten und Einladungen zu Feiern ohne gewichtige Anlässe, einfach nur, um wieder unter Freunden zu sein; und weil man nicht allein, sondern mit eben diesen genießen will.

Rein vom Gefühl her und ohne genau Buch geführt zu haben, stelle ich fest, dass die private Gastlichkeit zurückgekehrt ist. Der Duft köstlich marinierter und gegrillter Speisen lag in den vergangenen Monaten über jedem zweiten Garten. Man hörte fröhliche Leute lachen und da und dort Planschen im Pool. – Endlich Sommer, endlich wieder Freunde; ja und endlich wieder Terminkollisionen.

Wir waren vergangenes Wochenende gleich dreimal eingeladen. Weil sich zwei Events zeitlich überschnitten hatten, nahmen wir nur das Fest zum 60er eines Freundes wahr und die Abschiedsfeier eines Paares, das den Herbst über in Italien einen Dokumentarfilm drehen wird. Nach JOMO (Joy of missing out – die Freude, etwas auszulassen) ist FOMO (Fear of missing out – die Angst, etwas zu versäumen) wieder da.

Aber es ist nicht alles genau wie früher. Wer vorhat, Gäste einzuladen, erstellt die Liste nicht mehr nur nach den üblichen Kriterien, wie interessant, lustig und sozial kompatibel eine Person ist. Zusätzlich überlegen die meisten Gastgeber, wer geimpft ist, relativ risikoarmen Freizeitbeschäftigungen nachgeht und in welchem Alter dessen Nachwuchs ist. Und ob sie die Gäste bitten dürfen, einen aktuellen negativen Test mit zur Party zu bringen – ich meine übrigens ja. So fühlen sich schließlich alle sicherer.

Gäste, die sich neuerdings wieder zwischen mehreren Optionen entscheiden müssen, wenden ähnliche Kriterien an; gegenüber Gastgebern, sowie was die weiteren Eingeladenen betrifft. Eventuell überlegen sie auch, wie viel räumliche Distanz die jeweiligen Austragungsorte der Partys ermöglichen.

Nähe und Distanz

Wann wir wen wieder sorglos abbusseln und inniglich umarmen werden, steht in den Sternen. Bis dorthin befürworte ich persönlich vernünftige Vorsichtsmaßnahmen. Was aber hoffentlich bald einmal wieder aus unserem Alltag verschwindet, sind die Stilblüten neuer Begrüßungsformen. Hier eine kleine Auflistung:

Ellbogenkämpfer. Auch wenn der Gruß mittels Ellbogengelenken selbst bei Staatshäuptern üblich war, ich hab’ dem nie was abgewinnen können und stattdessen Kusshändchen versandt.

Boxer. Faustkontakt ist eine besonders komische Geste, signalisiert sie doch eher Kampfbereitschaft denn Freundschaft.

Kicker. Ebenso blöd finde ich den Usus, sich mit den seitlichen Außenfußlängen zu berühren. Das wirkt wie eine simultan spiegelverkehrt ausgeführte Paar-Übung des „Fit mit Philipp“-TV-Programms.

Bis zur Wiederkehr der alten Normalität in unseren persönlichen Begegnungen setze ich auf so viel körperliche Distanz wie nötig und so viel menschliche Nähe wie möglich. – Vor allem auf Herzenswärme. Die ist bei Weitem berührender, als Ellbogen-, Faust- oder Fußkontakt und befeuert garantiert jedes Partyfieber!

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