Ist „sozusagen“ gekommen, um zu bleiben?
Sprache ist aufregend – und regt auch die KURIER-Leser auf. Hier eine Auswahl aus der Leserpost der letzten Wochen.
Christian H.: Was mich (…) besonders quält, ist der sinnentleerte und inflationäre Gebrauch des Wortes „sozusagen“. „Sozusagen“ ist an die Stelle früherer Füllwörter (wie „also“) oder eines Räusperns oder einfach einer Sprechpause getreten. Ich kann mich bei Vorträgen und Interviews oft nicht auf den Inhalt konzentrieren, weil es geboten erscheint, „Stricherln“ zu machen.
Ergänzend weist Ihr Wortklauber auf den sozusagen ausufernden Gebrauch des Wörtchens „genau“ hin: „Wie geht es Ihnen?“ – „Genau, gestern wurde ich zwei Stunden lang operiert!“
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Peter H.: Eine neue Floskel, die man aus öffentlichem Mund immer wieder hört: „Der Sommer ist gekommen, um zu bleiben“. (…) Und wenn wider Erwarten die Inflation doch wieder steigt, lautet die Diktion des ORF, sie sei gekommen, um zu bleiben!“ Blödsinn, weder der Sommer noch die Inflation haben einen Willen oder eine Absicht. – Man merkt also die Absicht und ist verstimmt.
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Anton P.: Meiner Meinung nach ist es korrekt, wenn ich z. B. sage: „Meine Frau kommt in etwa einer Stunde nach Hause“. Falsch wäre aber z. B. „Dieser Mann wiegt in etwa 75 kg“. Richtig müsste es heißen „Dieser Mann wiegt etwa 75 kg“. Ist das korrekt oder nicht?
Sprachlich gesehen hat Herr P. natürlich recht. (Über die inhaltliche Richtigkeit des Satzes könnte nur eine Waage Aufschluss geben.)
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Florian M.: Eine derzeit besonders weite Kreise ziehende sprachliche Unsitte sind Formulierungen wie „Ein Skandal folgt dem nächsten.“
Das klingt tatsächlich nach einem chronologischen Paradoxon, genauso wie die Formulierung „Ich würde gerne mit Ihnen frühstücken. Darf ich Sie zum Abendessen einladen?“
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Fundstück der Woche: „Angeklebter Hand folgt Strafe auf dem Fuß.“ (Überschrift in der Stuttgarter Zeitung zu einem Bericht über Klimakleber.)
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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