Grünes Glück
Wenn die Tage endlich wieder länger werden, uns die ersten warmen Sonnenstrahlen an der Nase kitzeln und die Natur zu neuem Leben erwacht, dann passiert es. Mein Nachbar tritt an mich heran, schaut mir kalt in die Augen, um dann im Ton eines sizilianischen Mafiabosses, der eine allerletzte Warnung ausspricht, Folgendes zu sagen: „Johannes, du musst vertikutieren. VERTIKUTIEREN!“
Dazu müssen Sie wissen, dass ich zwar stolzer Gartenbesitzer bin, allerdings schaue ich meinem kleinen grünen Glück lieber entspannt und in waagrechter Position beim Wachsen und Gedeihen zu. Noch nie bin ich mit so einem Vertikutierdingsbums übers Grün gezuckelt, Disteln und Nacktschnecken sind selbstverständlich asylberechtigt.
Allerdings macht man sich mit dieser Einstellung in der Nachbarschaft höchst verdächtig. Dort gibt es Gärten, die sogar dem Wimbledon-Greenkeeper Tränen der Rührung in die Augen treiben würden. Da wird gezupft, gerupft, dem Pfirsichbäumchen gut zugeredet und im Sommer laufen durchgehend die Sprinkleranlagen.
Um zumindest guten Willen zu zeigen, entschloss ich mich, Blumennachwuchs zu besorgen und zwei Sträucher, deren korrekte Namensbezeichnung mir leider nicht geläufig ist, aus Platzgründen zu versetzen.
Über den Pflanzeneinkauf möchte ich an dieser Stelle aus Gründen der eigenen Psychohygiene lieber nichts erzählen, nur so viel sei verraten: Es war einer der ersten strahlend schönen Tage im März und die Landeshauptstadt war geschlossen zu Gast bei Dehner.
Im Schweiße meines Angesichts machte ich mich dann daran, die Sträucher auszugraben. Stundenlang kämpfte ich mit dem Wurzelwerk, stieß Flüche gen Himmel, strengte mich so an, dass ich beinahe ein Nahtod-Erlebnis hatte. Aber jetzt ist es geschafft, nun heißt es einfach wieder den Garten genießen. So wie ich ihn mag. Ein bisserl wild, manchmal ruppig und sehr lebendig. Ihnen allen einen schönen Frühling. Wir haben lange genug darauf warten müssen.
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