Fabelhafte Welt: Wer hat Angst?
Neulich telefonierte ich mit einer befreundeten Ärztin. Ich verstand sie kaum, woraufhin sie sich entschuldigte. Der Lärm stamme von Konservendosen, die sie gerade in den Einkaufswagen legte. Ich war überrascht, da sie eigentlich der Frischkoch-Fraktion angehört, und so fragte ich im Scherz, ob sie etwa Coronavirus-Hamsterkäufe tätige. Ich lachte – sie nicht. Ich war schockiert, dass sich meine kluge Freundin von der Gossenmedien-Panik hatte anstecken lassen. Nach allem, was wir wissen, verläuft diese Erkrankung bei der überwältigenden Mehrheit eher milde, ist weit weniger gefährlich als die Influenza, an der 2019 hierzulande 1.400 Menschen gestorben sind – und trotzdem hat niemand H-Milch gebunkert. Auch an den fiesen Krankheiten Masern, Röteln, Hepatitis könnte man sich anstecken. Ebenfalls höchst gefährlich: Zeckenbisse, Tollwut, Salmonellen, Autofahren und Gebären. Meine Freundin jedoch sagte: „Wir wissen wenig über dieses Virus. Das macht mir Angst.“ Als Niederösterreicherin hab’ ich dennoch weit mehr Angst vor Diabetes. Und als größte Bedrohungen erachte ich prollige Autofahrer, unsere Gastherme und das Finanzamt. Doch wahrscheinlich ist die Angst vor Covid und dem Finanzamt die gleiche. Ich fürchte mich vor letzterem, weil ich es nicht verstehe. Covid und das Finanzamt sind sich gar nicht so unähnlich. Beide sind rätselhaft und potenziell gefährlich, zweifelsohne bei näherem Kontakt unangenehm. Doch es gibt ein Rezept gegen Angst vor dem Unbekannten: sich nicht damit beschäftigen. Das Wesen des Mysteriösen ist, dass es uns grundsätzlich verborgen ist. Und glücklicherweise gibt es ein anderes mediales Großereignis, in das man stattdessen seine Energien investieren kann: das Eisbärchen von Schönbrunn. Daher empfiehlt sich, statt Covid-Panik zu schieben, lieber Finja-Fotos zu schauen. Ist 100 % gesünder.
vea.kaiser@kurier.at
Kommentare