Fabelhafte Welt: Vor dem Altar
Während Sie diese Zeilen lesen, stehen wir hoffentlich gerade vor dem
Altar. Mit Betonung des Wortes HOFFENTLICH. Wenn man mit 200 Gästen aus 30 Nationen in der Welt-Chaos-Hauptstadt Neapel heiraten möchte, kann einiges schiefgehen. Mit jedem gecancelten Flug schmälert sich unsere Gästeliste. Streikt die AUA unerwartet, muss der Bräutigam in Wien bleiben und die ganze Hochzeit ins Mittelmeer fallen. Ebenso, sollte es einer von drei Sommertagen im Jahr sein, an dem es regnet. Weil es in Süditalien selten regnet, gehen unsere süditalienischen Organisatoren nämlich davon aus, dass es an unserem Hochzeitstag sowieso nicht regnen wird und haben kein Ersatzprogramm, falls es doch regnet. Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit von Flugausfällen und Regen sind eher gering. Dafür ist es nicht unwahrscheinlich, dass die ganze Hochzeitsgesellschaft vor verschlossener Kirche steht. Unsere Kirche, die eigentlich ein römischer Tempel ist, wird nämlich seit 1968 renoviert und gilt als „gefährliche Baustelle“, die man nur mit Freigabe des Baumeisters betreten darf. Weder Baumaschinen noch Bauarbeiter wurden laut Anrainern in der letzten Dekade gesichtet, aber im Zuge der Bauarbeiten stieß man auf Bodenschätze namens EU-Subventionen, und diese Quelle muss natürlich vollständig trockengelegt werden.
Man sagt: In Norditalien lebt das Geld und in Süditalien der Glaube. Also übe ich mich im Glauben, dass der Glaube Türen öffnen kann, die das Geld verschlossen hat. Und wenn ich zu nervös werde, dann besinne ich mich einfach darauf, dass, egal mit welchem Wetter oder in welcher Kirche wir diese Hochzeit begehen, kein menschenverachtender Semi-Diktator aufkreuzen wird, um uns die Show zu stehlen, und ich als Braut an meinem Hochzeitstag vor niemandem auf die Knie fallen muss.
Mit anderen Worten: Alles wird gut.
vea.kaiser@kurier.at
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