Fabelhafte Welt: Von Bettwanzen und Matratzen

Endlich darf ich wieder für ein paar Wochen zuhause bleiben.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Nach über fünfzig Lesungen darf ich einen Monat Pause machen und mir meinen Wunschtraum erfüllen: zuhause bleiben. Die Lesungen waren wunderbar, doch damit der Ruhm nicht zu Kopf steigt, quartierte mich das Universum in den schlimmsten Hotelzimmern Deutschlands ein. In einem war beispielsweise ein Tier in den Rohren krepiert, und wenn nicht gerade das Wasser lief, roch das Bad nach Verwesung. Ein anderes meiner Zimmer versuchten nachts betrunkene Monteure zu entern. Erfolgreich damit war allerdings eine Putzfrau, die plötzlich um 7 Uhr früh neben meinem Bett saugte. Und trotzdem war sie willkommener als jener Rezeptionist, der um halb zehn in meinem Zimmer polterte, dass der Check-out bereits um 9 gewesen sei, während ich unter der Dusche stand. Die Fernseh-, Schnarch- und Kopulationsgeräusche der Nachbarn kann ich ausblenden. Das lehrten mich unzählige schlecht isolierte Einzelzimmer. Das Wort „Einzelzimmer“ nimmt die deutsche Hotellerie übrigens sehr ernst: Im Großteil meiner Zimmer war die Matratze genau 80 Zentimeter breit und endete an einem harten Holzrahmen, wie ich das vom Schulskikurs kannte. Ich lernte die Holzrahmen allerdings frei stehenden Einzelbetten vorzuziehen, aus denen ich beständig stürzte. Zwei Cuts am Kopf, fünf größere Hämatome und drei Bettwanzenbisse trug ich als Trophäen heim. Doch das Schlimmste war jene Matratze, die so unverrückbar an den Lichtschalter anschloss, dass das Licht anging, sobald ich mich bewegte. Die g-a-n-z-e Nacht hindurch. All das erzähle ich Ihnen nicht, um mich zu beklagen. Sondern damit Sie sich nicht beklagen müssen. Denn egal, was in Ihren Hotels schief geht, solange Sie Schlaf finden und weder gebissen, noch verletzt, noch von fremden Menschen nackt gesehen werden, denken Sie sich: Uns geht’s immer noch besser als Schriftstellern auf Lesereise. Schönen Urlaub!

vea.kaiser@kurier.at

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