Fabelhafte Welt: Vea hat einen neuen Hund
Wir haben einen neuen Hund. Zumindest hoffen wir, dass er sich bald wie ein Hund benimmt. Denn momentan führt er sich eher auf wie ein pelziger Piranha. Wir hätten das ahnen können. Unser Welpe hatte sechs Geschwister. Alle wurden adoptiert, nur unseren wollte niemand. Woraufhin der Dottore Amore und ich, beide Außenseiter im Kindergarten, natürlich nur diesen Hund wollten. Mein Mann taufte ihn Macchiato, was auf Italienisch getupft heißt. Der Name stellte sich jedoch als völlig ungeeignet heraus, denn bis man Macchiato gerufen hat, hat er bereits ein Unheil angerichtet. Dieser zwei Kilo schwere Welpe hat zwei Hobbys: beißen und springen. Egal ob Jugendstilmöbel oder mein Unterarm: Macchiato will es zerkauen. Beißhemmung ist Welpen nicht angeboren, sondern wird erlernt, wenn sie ihre Milchzähnchen verlieren. Ich übe mich einstweilen in Geduld und erkläre Fremden, dass ich mir keineswegs die Unterarme ritzte wie ein melodramatischer Teenager, sondern einen Welpen habe. Wir beschlossen also, der Hund braucht einen knackigen, gut rufbaren Vornamen, und entschieden uns für
Dante. Dante Alighieri ist der größte Schriftsteller italienischer Sprache, und hierzulande viel zu selten gelesen. Da wir unseren Dante oft rufen müssen, und der durchschnittliche Österreicher sofort fragt, ob unser Hund wirklich Tante heißt, liefert das die perfekte Gelegenheit für ein Referat über Dante Alighieri. Außerdem erzählt der zweibeinige Dante in seinem Hauptwerk, der Göttlichen Komödie, von einer Reise durch die neun Kreise der Hölle bis in den Himmel. Wir erleben mit unserem vierbeinigen Dante ähnliches: beißen, kratzen, zerstören, knurren, toben, aufspringen, schlabbern, nagen, bellen. Und wenn er mit viel Liebe und Erziehung irgendwann brav wird, dann werden wir uns nach neunmal kreisen in der Hölle sicherlich wie im Himmel fühlen.
vea.kaiser@kurier.at
Kommentare