Fabelhafte Welt: Alkoholkontrolle!

Meine Begegnung mit Special-Agent Drahtesel
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Wenn ich mit meinen Neffen Playmobil-Polizei spiele, fangen ihre Polizisten immer die Schlingel. Meine hingegen sind Freunde und Helfer, die der Gesellschaft Gutes tun, denn das war für die Polizistinnen im Freundeskreis Motivation, der Exekutive beizutreten. Dass es manchen jedoch wirklich um den Adrenalin-Kick der Schlingel-Jagd zu gehen scheint, erlebte ich unlängst, als ich gegen Mitternacht mit meinem korrekt beleuchteten Damenrad auf einem ausgewiesenen Radweg nachhause fuhr. Ich war langsam und behelmt unterwegs, als aus der Dunkelheit zwei Fahrradpolizisten auf mich zuschossen: „Stehen bleiben, Kontrolle!“, brüllte der eine, und ich bekam so einen Schreck, dass ich beinah verunfallte. „Auch Fahrradfahrer müssen jederzeit mit einer Kontrolle rechnen!“ Aha, sagte ich und meinte, dass mir nun trotzdem das Herz wie verrückt pumpert. „Wenn Sie nichts zu verbergen haben, gibt es dazu keinen Grund.“ Aha, dachte ich abermals und sagte lieber nix. Der zweite Polizist inspizierte mein Rad und meinte sehr freundlich, das Rad sei in Ordnung, ehe der grantige Kollege brüllte: „Alkoholkontrolle“.
Jetzt wurde ich nervös, denn Special-Agent Drahtesel stand keinen Babyelefantenrüssel von mir entfernt, trug keine Maske und hatte eine feuchte Aussprache. Ich wich zurück. „Wenn Sie zu flüchten versuchen, müssen Sie mit zur Dienststelle.“ Höflich, aber gereizt erklärte ich ihm, dass ich Fahrrad fahre, weil es das Verkehrsmittel mit der geringsten Ansteckungsgefahr ist, woraufhin er schrie, ob das Kritik an seiner Arbeit sei und ich einen Beamten beleidigen wolle. Dann dachte ich an die Playmobilpolizisten meiner Neffen und bekam Mitleid mit ihm.
Das Leben muss hart sein, wenn man Schlingel fangen will, Selbstwertgefühl oder Adrenalin-Kick jedoch daraus ziehen muss, zur Geisterstunde Fahrradfahrerinnen einzuschüchtern.

vea.kaiser@kurier.at

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