Fabelhafte Welt: Planen wann das Kind kommt!
Jetzt sind der Dottore Amore und ich tatsächlich ein Jahr verheiratet, und es fühlt sich an wie 52 Flitterwochen. Aber in den Augen vieler Menschen fehlt uns etwas: Nachwuchs. Insbesondere fortgepflanzte Bekannte scheinen es kaum zu ertragen, dass wir nicht völlig übermüdet sind und am Ende des Monats noch Geld überhaben. Bzw. dieses Glück nicht erleben. Wir sind ein niederösterreichisch-süditalienisches Paar, natürlich wünschen wir uns irgendwann eine Familie, wollen uns damit allerdings nicht stressen. Doch das scheint unser Umfeld zu stressen. Daher hagelt es seit Kurzem Ratschläge. „Die Frau sollte am besten gar keinen Alkohol trinken und der Mann vor dem Versuch einen Whiskey“, sagte eine Freundin auf meine Frage, wo sie ihren schönen Vorhang gekauft habe. Ohne dass wir darum baten, empfahl man uns schon diverse Tees, Globulis, Medikamente, Partner-Yoga, Gummistiefel, chinesische Kalender und sogar Lulu-Analyse-Computer. „So kann man genau planen, wann das Kind kommen soll.“ Mit „Planen“ meinten unsere Bekannten jedoch, dass man auf das Sternzeichen des Kindes Einfluss nehmen oder verhindern könne, dass es in den Schulferien Geburtstag habe. Bis vor Kurzem versuchte ich solchen Gesprächen mit dem Hinweis zu entkommen, dass ein 37-Jähriger und eine 30-Jährige umfassend mit der Materie vertraut seien. Zudem ist das Nachdenken über das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten der Welt dasjenige, was Schriftstellerinnen und Urologen vereint (neben einem häufigen Gebrauch des Zeigefingers). Mittlerweile hab ich nur noch eine Antwort: „Danke, aber bei uns ist einzig der Storch zuständig.“ Das finden die Ratschlagenden zwar verrückt, aber da ich das Betreiben, das Wunder Mensch bis ins kleinste Detail durchzuplanen, verrückt finde, sind wir uns zumindest darin einig, uns gegenseitig für verrückt zu halten.
vea.kaiser@kurier.at
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