Fabelhafte Welt: Mozartkugeln

Wie ich vergeblich versuchte, zu einer besseren Pianistin zu werden.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Als wir klein waren, kamen unsere Großeltern jeden Donnerstag zu Besuch. Sie halfen im Haushalt und dabei versteckte mein Opa stets Süßigkeiten. Unsere Eltern waren zwar nicht mit jenem religiösen Ernst gegen Zucker eingestellt, der meine Freunde heute zu regelrechten Kreuzzügen gegen Süßwaren treibt, allerdings kauften sie niemals welche, weswegen Opas kleine Geschenke eine ganz besondere Freude waren. Es sei denn, es befanden sich Mozartkugeln darunter, denn ich hatte panische Angst vor Mozartkugeln. Im Fernsehen wurde schließlich gezeigt, wie ein Bub ziemlich lausig Klavier spielt, doch dann isst er eine Mozartkugel und verwandelt sich sofort in ein weißhaariges Wunderkind im Frack, das kongenial in die Tasten klimpert, was seine verzückten Eltern mit „Wolferl!“ kommentieren. Für mich war das die Kinderversion der Werwolflegende. Lange mied ich daher Mozartkugeln und mit ihnen eigentlich alles, was mit Salzburg zu tun hat. Glücklicherweise segnete die Evolution den Menschen mit dem Geschenk, dumme Irrglauben und Gewohnheiten der Kindheit irgendwann loszuwerden, und so wurde meine frühere Nicht-Beziehung zu Salzburg zu einer großen Liebesgeschichte. Auch Mozartkugeln habe ich probiert, und wenngleich sie mich nicht zu einer besseren Pianistin gemacht haben, habe ich ihr eigentliches Geheimnis entdeckt: Sie sind die in Schokolade gegossene Stadt Salzburg. Vielschichtig, sodass man zugeben muss, zumindest eine Facette zu lieben, selbst wenn einem das Ganze nicht zusagt. Man kann sie in kleinen Bissen konsumieren oder auf einen Haps, wobei man sich dazu unbedingt Zeit lassen sollte, sonst ist man überfordert. Und vielleicht ist es manchmal schwierig, zwischen all den Tourismus-Produkten das Echte auszumachen: Doch es ist da, es lockt, und belohnt alle Sinne des Finders.

vea.kaiser@kurier.at

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