Fabelhafte Welt: Mein Antrag auf Jahreswechsel im Keller

Der Hund darf zu den Großeltern und um zehn Uhr schlafen gehen, und ich muss feiern.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Jahreswechsel sind anstrengend. Schon im Oktober fragen die Freunde, was man zu Silvester plane, und alle erwarten, dass man etwas ganz Tolles macht. Früher habe ich mich dem mit Freuden ergeben. Mittlerweile nervt mich der kollektive Druck, sich unbedingt zu amüsieren, und ich beneide meine Großeltern: Die trinken um zehn ein Glas Sekt und gehen dann schlafen. Heuer dachte ich, ich könnte mich vor Silvester drücken. Schließlich hab ich kürzlich einen Spatzi-Doktor geheiratet und weder Prostata-Entzündungen noch Harnwegsinfekte nehmen auf Feiertage Rücksicht. Hoden schwellen zwischen den Jahren angeblich besonders gerne an. Mein Mann jedoch hat wundersamerweise frei bekommen. Er ist zur Hälfte Süditaliener, und seine süditalienischen Gene befehlen, ein jedes Fest mit möglichst vielen Menschen, Lichtern und Geräuschen zu begehen. Ich versuchte also, unseren Hund vorzuschieben, und plante, mit dem Fellfreund die Stunden rund um Mitternacht im Kellerabteil zu verbringen, wo er Ruhe vor der Böllerei und ich unser Weinregal mit den erlesenen Schätzen hätte. Doch mein Mann wuchs in Wien auf und wünscht daher, um Mitternacht mit mir den Donauwalzer zu tanzen. Leider aber ist er nicht Österreicher genug, um das auch im Keller vergnüglich zu finden. Mein Antrag auf Jahreswechsel im Keller wurde daher abgelehnt. Der Hund darf zu den Großeltern und um zehn Uhr schlafen gehen, und ich muss feiern. Mein Vorsatz für das nächste Jahr ist klar: Keine Feste mehr, auf die ich nicht aus ganzem Herzen Lust habe. Doch wie sagte Goethe? „Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“ Und wer weiß, vielleicht wird mein Silvester sogar lustig. Dann würde ich meinen Vorsatz vermutlich in den Wind schießen. Und wie geht die alte Weisheit bezüglich Neujahresvorsätzen? Die besten sind die, die man nicht hält. Rutschen Sie gut!

vea.kaiser@kurier.at

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