Fabelhafte Welt: Der tut nix, der ist halt so
Vea Kaiser über den Hundehasser
In einem
Erdgeschossbüro nahe unseres Wohnhauses arbeitet ein Hundehasser. Von benachbarten Hundehaltern hatte ich schon viel über ihn gehört. Dass er ein boshafter Choleriker sei und sich über alles aufrege. Persönlich begegnet war ich ihm nie, bis ich diese Woche an einem kalten, bezaubernd vorweihnachtlichen Nachmittag mit dem Hund um den Block spazierte. Wir marschierten zügig und nur kurz blieb ich neben einer Grünfläche stehen, um mir die Nase zu putzen. Plötzlich stürmte ein hageres Männlein aus der Haustür unweit dieser Grünfläche und schrie mich wutentbrannt an, dass dieser traurige (und im übrigen öffentliche) Streifen Braun-Grün kein Hundeklo sei. Ruhig machte ich ihn darauf aufmerksam, dass mein Hund neben mir saß und nicht eine Pfote auf das Grün gesetzt hatte. Das war dem Mann egal. Zuerst beschimpfte er meinen Hund, dann alle Hunde der Nachbarschaft, daraufhin die gesamte Spezies der Caniden und schließlich meine Person. Selbst, als wir weiterspaziert waren, schrie er mir noch Drohungen hinterher, was geschähe, falls er mich oder meinen Hund jemals wieder vor seinem Fenster erwischte. „Der tut nix, der ist halt so“, meinte eine Nachbarin, der ich tags darauf von diesem Vorfall erzählte. Und plötzlich wurde mir bewusst, an wen mich dieses Männlein so erinnerte: an den Hasso. Hasso war ein hässlicher Mischlingsrüde, der in einem Haus auf meinem Schulweg lebte. Passierte ich den Zaun, raste der Hasso aus seiner Hütte und verbellte mich, bis ich außer Sichtweite war. Hassos Fell war von ähnlicher Konsistenz und Farbe wie das Haar des Grünstreifenwächters, und beide schienen an nicht vorhandener Körpergröße und mangelnder Beschäftigung zu leiden. Da wurde mir etwas über Hass bewusst. Wenn man unbedingt hassen will, ist es wahrscheinlich am leichtesten, das zu hassen, was einem am ähnlichsten ist.
vea.kaiser@kurier.at
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