Ein Mitschüler namens Robert

Ignorieren Sie bitte diesmal mein Kolumnenfoto.
Niki Glattauer

Niki Glattauer

Nichts mit heiter heute, im Gegenteil, das Herz schnürt es einem zu, wenn du als Vater und Schulleiter liest, unter welch tragischen Umständen Kinder zu Mordopfern werden können und halbe Kinder zu Mördern.

Richtig, es geht heute auch an dieser Stelle um die Tötung der 7-jährigen Hadish, die, falls sein Geständnis stimmt, von ihrem Nachbarfreund, dem 16-jährigen Robert K., erstochen wurde.

Zwei Sätze sind bei mir hängen geblieben, oder besser: ein nüchternes Faktum sowie ein Satz aus dem Mund einer Psychiaterin. Zunächst das Faktum: der mutmaßliche Täter besuchte eine so genannte „Nobel-Schule“, konkret, ein katholisches Gymnasium in Wien-Döbling. So weit, so verblüffend. Und dann in der ZiB 2 die Antwort der Psychiaterin Adelheid Kastner auf Armins Wolfs Frage, ob die Gefühlskälte des Täters dort nicht jemandem hätte auffallen müssen: „Empathie ist kein Unterrichtsfach. Das ist auch nichts, wo man irgendwie abgeprüft oder abgetestet wird.“

Diesen Satz bin ich nicht mehr losgeworden. Ist das so? Gibt es wirklich immer noch Lehrerinnen, die nur „Stoff“ unterrichten und nicht Kinder? Die nur darauf schauen, dass in ihren „Stunden“ ordentlich gelernt und aufgepasst wird, die „der Rest“ nicht kümmert? Gibt es immer noch Schulen, in denen es niemandem auffällt – keinem Mitschüler, keiner Lehrerin – , wenn ein Schüler an der Unfähigkeit zu Mitgefühl, am Aufbringen von Herzenswärme, oder, anders herum, an Gefühlskälte langsam zugrunde geht? Ich will es nicht glauben. Auch nicht, dass es die Eltern waren, die hier versagt haben, zumal ich sie kenne. Robert, der nette Robert, war als Volksschulkind ein Mitschüler meiner Tochter gewesen.

Der Psychologe Cornel Binder-Krieglstein sagt: „Unsere Gesellschaft ist leider nicht eine, die großen Wert legt auf die ehrliche Antwort auf die Frage, wie es jemandem geht.“ Dieser tieftraurige Satz ist für mich ein Schlüsselsatz. Vielleicht sollten wir alle neben Hast eh ordentlich gelernt? unsere Kinder viel öfter auch fragen: Geht’s dir eh gut?

In der Schule, denke ich, können wir sofort damit beginnen ...

niki.glattauer@kurier.at

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