Die Lust am Verbot

"Ohrwaschl": Wir leben in einer Gesellschaft, die ihre Lebenslust aus einem Verbotsmasochismus bezieht.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Die Abstimmung darüber, was in der Wiener U6 künftig gespeist werden darf und was nicht, lief noch, da hingen schon Piktogramme: keine Pizza, kein Burger/ Döner, keine Asia-Box. Aber, meinten wache Zeitgenossen: Die Verbotszeichen entsprechen nicht der ISO-Norm (schwarzes Sujet, weißer Grund, roter Durchstrich).

Das geht in einer Gesellschaft, die ihre Lebenslust aus ungezügeltem Verbotsmasochismus bezieht, gar nicht. Kein essen in der U-Bahn, kein rauchen nirgendwo, Sturzhelmpflicht am besten auch beim Schlafen: Wir wollen Normen und Verbote, und die korrekt kundgetan. Exekutiert werden selbst  sinnvolle und wenig bekannte Verbote  –  wie das Gehsteigverbot für bescheuerte  E-Rollerfahrer zum Beispiel   –, eh nicht.  Aber es geht ja auch nicht um  den Sinn, sondern ums Verbot an sich.

Und wie wär’s mit einem Verbot für Verbote? Als erster Schritt gegen die Selbstentmündigung? Da müssen die Verbotsfetischisten jetzt vermutlich nachdenken, was überwiegt: die momentane Lust am neuen Verbot? Oder die dauerhafte Eliminierung der Lust?

andreas.schwarz@kurier.at

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