Die besonders Gescheiten erkennt man an der Brille
Eine Freundin war bei einer Esoterik-Messe, seitdem schaut sie aus wie die Fliege Puck. Immer, wenn sie vor dem Fernseher sitzt.
Es ist erbärmlich.
Sie hat sich eine Rasterbrille aufschwatzen lassen. Selbige hat keine Gläser, sondern stattdessen durchlöcherte Plastikscheiben. Wenn sie oft genug durch diese Lochbrille schaut, trainiert sie ihre Fehlsichtigkeit weg, hat der Verkäufer behauptet. Ich lach’ mich schief. Kann nicht glauben, dass sie das glaubt. Während ich es lustig habe, hat unsere Stubenfliege Puck schlechte Laune. Schuld ist der Optiker. Der hat tatsächlich die Frechheit besessen, ihr zu sagen, dass sie eine Brille braucht. Sie hat protestiert, er kalmiert. Das sei in ihrem Alter kein Drama, sondern ganz normal. Mehr hat es nicht gebraucht. Was genau heißt „in Ihrem Alter“?!
Sie tut, als wäre ihre Fehlsichtigkeit ein tragisches Einzelschicksal. Dass in Österreich jedes Jahr 950.000 Brillen verkauft werden, interessiert sie Nüsse. Sie verhält sich wie Mitglieder meiner Familie, die stolz sind, kein Brillengestell auf der Nase zu balancieren, aber heimlich mit der Lupe Zeitung lesen (weil das Licht so schlecht ist und die Zeitung neuerdings so klein gedruckt).
Oder wie ein Freund, der neulich bei einer Privataudienz beim Papst war. Im engsten Freundeskreis gesteht er, dass Franziskus auf ihn wie ein Geist gewirkt hat. Weil er die Brille im Hotel vergessen hatte und auch mit zusammengekniffenen Augen nur die Umrisse einer weißen Gestalt ausmachen konnte.
Es scheint, dass Brillen ein ähnliches Imageproblem wie Plastik, Diesel und zuckerhaltige Kracherln haben. Viele tun sich schwer, dazu zu stehen.
Blöd eigentlich. Denn Studien zufolge sind kurzsichtige Menschen besonders gescheit. Klingt super. Doch leider ist die Ursache-Wirkung-Frage noch nicht ganz ungeklärt. Es könnte sein, dass sich die Klugen ihr Wissen nur angelesen haben und sich dabei die Augen verhaut haben, steht irgendwo im Kleingedruckten.
Meine Freundin sagt, das hat sie schon immer geahnt. Nur zum Schutz unserer Augen hätte sie mich einst regelmäßig zum Schulschwänzen überredet.
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