Der Tiger ist als Therapie-Tier völlig ungeeignet

Wer keine Katze will, kann sich einen Luchs, Gepard oder Puma auf die Couch holen. Die schnurren auch.
Simone Hoepke

Simone Hoepke

Meine Eltern halten eine Katze. Oder besser gesagt, die Katze hält sich meine Eltern. Als Diener.

Der Chef-Butler ist mein Vater. Kaum miaut die Katze, springt er auf. Eilt zur stets randvoll gefüllten Futter-Lade, liest ihr vor, was er alles für sie im Angebot hat (immer mehr Variationen für Senior-Katzen). Hat sie sich für ein Menü entschieden, richtet er an und wärmt ihr eine Schale Milch („Kärntner Milch“, eine andere Marke trinkt sie nicht). Das Spiel wiederholt sich gefühlt alle zwei Stunden.

Dazwischen spielt mein Vater zig Mal Portier. Immer dann, wenn die Katze in den Garten will, hält er ihr in devoter Haltung die Haustüre auf. Fortan kontrolliert er, ob Madame vielleicht schon wieder herein möchte. Dass das Tier im Keller eine eigene Katzentüre hat, tut nichts zur Sache. Weil „unsere Seniorin“ nicht so gerne Stiegen steigt. In ihrem Alter durchaus verständlich.

Diese Art der 24-Stunden-Betreuung wird zum Problem, wenn meine Eltern urlaubsreif sind. Also ein paar Tage wegfahren wollen. Dann komm ich zum Zug.

Ich fahre nach Hause, checke bei der Katze ein. Das Tier akzeptiert mich. Weniger als Familienmitglied, mehr als Personal. Ich trage ihr auch das Essen nach, halte Türen auf, stelle fest, dass sie die Diskont-Milch wirklich nicht trinkt. Wenn man ihr diese vorsetzt, ist sie so verstört, dass sie augenblicklich aufhört zu schnurren.

Das ist ganz schlecht. Aus therapeutischer Sicht. Laut Studien soll eine schnurrende Katze den Menschen ja nicht nur beruhigen. Angeblich hilft so ein brummendes Wollknäuel auch bei der Stärkung der Muskeln und Knochen – die Experten faseln irgendwas von Vibrationstraining. Es gibt sogar Therapiekatzen.

Wer trotzdem keine Katze will, kann sich einen Luchs, Gepard, Ozelot oder Puma auf die Couch holen. Die schnurren auch. Im Gegensatz zum Tiger. Der knurrt eher. Und das nur beim Ausatmen, beim Einatmen verstummt er. Für Therapien ist er ungeeignet.simone.hoepke

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