Lieber Herr S., die Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn sind in Österreich im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) geregelt. Der Gesetzgeber möchte damit das gemeinsame Miteinander fördern und erlegt jedem einzelnen (sofern man Nachbarn hat, die beeinflusst werden können) bestimmte Rechte und Pflichten für eine harmonische Nachbarschaftsbeziehung auf.
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen positiven und negativen Einwirkungen (=Immissionen). Unter positiven Immissionen versteht man eine Einwirkung durch Abwasser, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung oder Ähnliches. Negative Immissionen sind der Entzug von Licht oder Luft. Die Art der Immission hat Auswirkungen auf die Prüfung der Erlaubtheit im Einzelfall.
Im konkreten Fall handelt es sich um eine positive Immission, da der Nachbar behauptet, dass die Lichteinwirkung der Weihnachtsbeleuchtung störend ist. Solche Lichteinwirkungen, auch genannt Lichtimmissionen, sind laut Rechtsprechung vom Gesetz erfasst, obwohl sie der Gesetzgeber nicht ausdrücklich erwähnt hat.
Kann nun der Nachbar verlangen, dass ich die Beleuchtung entferne?
Das hängt immer von einer Einzelfallprüfung ab. Maßgeblich ist die Ortsüblichkeit der tatsächlichen Einwirkung. Davon hangt ab, ob ein normal empfindender Nachbar diese akzeptieren muss.
➤ Mehr lesen: Whistleblowing in Unternehmen – was ist zu tun?
Dass in der Weihnachtszeit Weihnachtsbeleuchtungen montiert werden, liegt auf der Hand und ist auch keineswegs verboten. Im Regelfall ist die weihnachtliche Beleuchtung der Nachbarn zu akzeptieren, jedoch können sich nachbarschaftsrechtliche Probleme ergeben, wenn die Beleuchtung beispielsweise so hell ist, dass kein Schlaf mehr möglich ist. Auch muss man es sich nicht gefallen lassen, wenn der Nachbar direkt vor dem Schlaf- oder Wohnzimmerfenster blinkende Lichter montiert. Die österreichische Rechtsprechung geht insbesondere davon aus, dass Beleuchtungen, die in das Schlafzimmer des Nachbarn einwirken, oft die ortsübliche Intensität übersteigen.
Die Ortsüblichkeit von Weihnachtsbeleuchtung ist jedoch unter anderem auch an dem sonstigen, über das Jahr auftretenden Lichteinfall zu messen. So wird man bei Beschwerden eines Nachbarn, der in einer gut ausgeleuchteten Straße wohnt, zu einem anderen Ergebnis kommen als bei einer Person, die in einem relativ abgeschiedenen ruralen Gebiet mit nur wenigen Häusern und geringen Lichtimmissionen lebt. Auf persönliche Empfindungen kann sich der Nachbar nicht berufen, vielmehr geht es bei der Beurteilung um die Frage, ob die Immission für eine normal empfindende Person zumutbar ist.
Im Fall einer Lichtimmission durch Weihnachtsbeleuchtung empfiehlt sich das nachbarschaftliche Gespräch, um eine gemeinsame Lösung zu finden – immerhin handelt es sich um eine bloß temporäre Installation. Beispielsweise kann vereinbart werden, die Lichter zu den gesetzlichen Ruhezeiten, also von 22 bis 6 Uhr, abzuschalten und z.B. blinkende Beleuchtung gänzlich wegzulassen.
Mag. Magdalena Brandstetter ist Partnerin bei DORDA im Bereich Real Estate M&A / Liegenschafts-, Miet- und Wohnrecht.
Kommentare