Chaos de Luxe: Die Liebe zum Zitteraal

Urlaub - die höllische Herausforderung
Polly Adler

Polly Adler

Polly Adler über Urlaub - die höllische Herausforderung

Mit einem Ausdruck des Widerwillens warf sie ihre sündteuren Kleider, die in allen erdenklichen Sorbettönen gehalten waren, in den LV-Koffer. „Wollen wir deine Laune aus dem Keller befreien?“, fragte ich Z, „ich meine, du fährst in einen Fünfstern-Schuppen. Ans Meer! Nur ein Fingerschnipp und ein Kellner-Ballett wird hereinschweben. Ich kleine Sterbliche sitze in meinem empty nest mit einem Haufen Arbeit, während dein bezaubernder Gatte mit dir Gin-Tonics bei Sonnenuntergang vernichtet, und bin schon jetzt besser drauf.“ – „Das ist auch schon das Problem“, knurrte sie und rasselte kriegerisch mit ihrer Schmuck-Kiste, „ich hasse Urlaub.“ – „Aber warum?“ – „Mein bezaubernder Gatte ist so langweilig, dass dir die Tränen kommen.“ – „Aber du lebst doch mit ihm und das seit 17 Jahren. Ich dachte, es läuft gut bei euch.“ – „Tut es auch. Beim Mit-ihm-Leben fällt  mir auch nicht auf, wie langweilig er ist. Da haben wir ja beide genug um die Öhrchen mit unserem Alltags-Geturne. Nur im Urlaub, da ist es leider nicht zu übersehen, dass seine Gedankengänge so öde wie die eines Zitteraals sind.“ – „Aale waren die Lieblingstiere römischer Kaiser“, flüsterte ich, in der irrationalen Hoffnung, sie damit zu trösten. Mit dieser Info hatte mich unlängst ein Freund, den man als Weltmeister des unnützen Wissens bezeichnen könnte, beglückt, „manche Kaiser brachen sogar erstmals in ihrem Leben in Tränen aus, wenn ihre treuen Begleiter die letzte Kiemen-Zuckung taten.“ – „Die mussten mit denen ja auch nicht auf Urlaub fahren.“ Jetzt flogen die Schuhsäcke in den Herrn Vuitton. Und dann sagte sie: „Aber nicht, dass du glaubst, dass ich meinen Mann nicht liebe. Ich mag ihn manchmal nicht, aber lieben tue ich ihn immer.“ Und wieder einmal war klar, dass Gefühle oftmals ihren Hauptwohnsitz im wilden Absurdistan hatten.

polly.adler@kurier.at

Polly gastiert mit Maria Happel, Petra Morzé und Andrea Händler am 20. April um 19.30 Uhr im Danubium in Tulln.

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