Chaos de Luxe: Was kostet die liebe Welt?

Warum man es ab und an krachen lassen muss.
Polly Adler

Polly Adler

Polly Adler über hedonistische Kürprogramme

Man fasst es nicht“, sagte K mit Blick auf unser Gegenüber – einen mit reichlich Metall an Ohren und Nasenflügeln dekorierten Mitbürger, dessen verbale Lieblinge die Worte „Jetzta“ und „So da ... mit Himbeer“ sein dürften. Auch frisurentechnisch brutale Originalität: flamingofarbene Landebahn auf Glatze. „Man fasst es nicht“, wiederholt K, den Herren Jetzta fixierend, „dass dieses Sperma alle anderen Zillionen ausgetrickst und gewonnen hat.“ Wir saßen zu dritt, aufgebrezelt wie Lady Gagas Kammerpersonal, bei Minusgraden auf der Dachterrasse eines Hotels, wo wir unseren Lassen-wir-es-endlich-wieder-einmal-krachen-Abend begonnen hatten. Irgendeiner von uns hatte übersehen, dass diese Bude ausschließlich eine Outdoor-Tränke im Programm hatte. Drei Wochen lang sollte ich diese Jux- & Tollerei-Sache mit einer Zauberberg-würdigen Bronchitis büßen, aber wissen Sie was: Es war mir so egal, wie die Zeitung von vorgestern. Denn tatsächlich wollten meine beiden Herren und ich die unvernünftigen Anteile unseres Ichs endlich wieder einmal Gassi führen. Parole Overdressed und Was-kostet-die-Welt?-Wir-nehmen-sie-zwei-Mal. So tobten wir durch das „Le Salzgries“ und bespaßten die unschuldigen Mitesser mit rhythmischer Aktivierung unserer Partytröten, um danach in Pommes (die besten in der Stadt), Austern und Sancerre zu hechten. Unser Silvester ist, wann wir wollen. Abgesehen davon: Tatsächlich lebten wir drei unter der Woche oft so gesund und kostenbewusst, dass einem schlecht werden konnte. Ich meine, wie viel Selbstoptimierung an Ingwertee und Kichererbsencurry verträgt so ein kleines Menschenleben eigentlich? Irgendwann in dieser Nacht, die – Gottlob – in einer Indoor-Bar endete, sah ich meine beiden in ihren Smokings verrutschten Begleiter an, mit denen mich eine 20-jährige Freundschaft verband, und dachte mir: „Danke, Jungs, dass in euren Fällen das goldrichtige Sperma das Rennen gemacht hat. Die Leuchtfeuer der Unvernunft, sie mögen hoch leben!“

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