Chaos de Luxe: Mausalarm in Spüler

Über eine verlorene Bullerbü-Kindheit
Polly Adler

Polly Adler

Polly Adler über ihre Liebe zu Altaussee

Früher, als ich es im Freigegenstand „Gepflegtes Leben über meinen Verhältnissen“ mit Verve krachen ließ, hatte ich mir ein Haus in Altaussee gemietet. Dass der Fortpflanz und ich es dort liebten, wäre untertrieben gewesen. Das Kind bekam dort – zumindest temporär, in der Großstadt musste es ja durch eine überberufstätige Mutter soviel mitmachen – eine Art Bullerbü-Kindheit serviert. Es tollte auf Heuballen, scheuchte schwarze Hühner, die sich dorthin zum Eierlegen verzogen hatten, aus den Wäschekörben, brüllte im besten Eingeborenen-Sprech „Muarter, i muaß da was verzöhlen ...“ und war von den so rabiaten wie volltrunkenen Kramperln so traumatisiert, dass wir die Nikolo-Festivitäten einige Male vom Speiseplan streichen mussten. Eines der Highlights dieser Jahre war die in der Geschirrspülmaschine mitgewaschene Maus, deren Anblick mich sofort in Kontakt mit meiner inneren Urban-Hysterikerin kommen ließ. Das Haus musste ich irgendwann lassen, das Kind fand es mit beginnender Geschlechtsreife ohnehin dort „urefad“ und für längere Zeit hatten Altaussee und ich einander aus den Augen verloren. Die Sehnsucht blieb. Wenn ich jetzt wieder hinfahre, zwinkert mir unser Dorf so zu, als ob ich nie weg gewesen wäre. Möglicherweise wissen es die Eingeborenen auch zu schätzen, dass man nie dem äffischen Adaptionsgehabe erlegen ist, von dem partiell dort manche Zuag’raste infiziert werden, die aufgebrezelt wie Almabtriebs-Kühe in allzu neuer Tracht ins regionale Idiom köpfeln. Nie gehören sie weniger dazu, als in diesen so angestrengten und bemühten Momenten. Auch deswegen hat dieser Ort für immer einen Logenplatz in meinem Herzen. Er erhielt sich seine Unversautheit und trotzte allen Korrumpierungsverführungen.

„Mamacholie“ – das Polly-Adler-Muttertagsspecial im Rabenhoftheater. Mit M. Happel und P. Morzé am 12. Mai 11 & 14 Uhr.

www.pollyadler.at
polly.adler@kurier.at

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