Chaos de Luxe: Kampf den Kühlschrank-Nazis!

Wenn Gesundheit krank macht
Polly Adler

Polly Adler

Ich bin durch Frondienste als Aupair-Trulala in meiner Spätpubertät in Frankreich und Italien essenmäßig sozialisiert worden. Dort habe ich nämlich eine Nahkampfausbildung in Hedonismus absolviert. Diese Sonntag-Mittagessen in Frankreich, wo man erst um zirka fünf Uhr nachmittags leicht angeschickert in eine Meringue köpfelte und sich danach schwerköpfig schwor, den Rest seines Lebens mit Hafer-Consommé zu verbringen – man möchte sie bitte in Serie herstellen. Die beste Geschmackskombi der Welt erlebte ich in Italien, im Valpolicella: Häppchen eines Polentaziegels aus dem Holzofen, die mit gekühlten Birnen, einem Hauch Salami und einem sehr leichten, krachekalten Weißwein zum Warmwerden der Gaumenzäpfchen vor dem Essen verdrückt wurden. Danke Pia, wenn du das lesen solltest! Durch diese Geschmackspolizei-Akademie entwickle ich besondere Aversionen gegen diese Gesundheits-Terroristen, die bei jedem vor 18 Uhr entkorkten Roséfläschchen missbilligend die Brauen hochziehen, und gerne bei vollen Tellern mit nahezu masochistischem Genuss ihre Unverträglichkeits-Folklore ausbreiten. Blähbauchfluch! Histaminhorror! Gluten-Garaus! Lactose-Lethargie! Rogen-Abhängigkeiten! Hilfe, Schwein! Hatte das Huhn Migrationshintergrund? Um Gottes willen, Kohlehydrate nach 19 Uhr? Willst du mich umbringen? Dessert? Nein danke, ich darf nicht, dafür 48 Gläser Wasser, lauwarm versteht sich, das kalte vertrag ich leider so schlecht. Gegen diese Detox-Gouvernanten und unerträglichen Unverträglichen habe ich inzwischen eine echte Intoleranz entwickelt. Sie stehen deswegen nicht mehr auf meiner Liste. Lieber meine zehn Kilo (mindestens!) Übergewicht auf höchstem Niveau weiter füttern, als zu so einem lustfeindlichen Kühlschrank-Nazi zu verkommen. Schöner wird man mit so einer Einstellung nicht, aber mit Sicherheit lustiger.

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