Chaos de Luxe: Ja, Panik
Sie hatte sich tatsächlich in Corona-Panik verbunkert. K. empfing meinen Besuch erst nach Androhung von
Freundschaftsentzug. Ich kam mit einem I-do-care-Paket in Form diverser Linsensorten aus toskanischem Bio-Anbau. Sie öffnete mir mit einer Maske. Spurenelemente ihres Humors waren noch vorhanden, denn sie hatte frech lauter Louis Vuitton-Initialen auf den Gesichtsschutz gemalt. Nach der gehorsamen Desinfektion meiner Hände fragte ich sie, wie lange sie noch gedenke, diesen Ausnahmezustand zu ihrer Realität zu machen. „Baby“, nuschelte sie (die Maske dämmte den Schall), „hast du noch immer nicht kapiert, dass Angst das neue Normal ist.“ – „Ok, selbst die stärkste Frau schaut einmal unters Bett, aber was du hier abziehst ...“ – „Ich möchte mir nicht vorwerfen, dass ...“ Ich unterbrach sie, indem ich ihr alles, was ich über Angststörungen wusste, im schnellen Vorlauf referierte. Die meisten haben gar nichts mit äußeren Umständen zu tun. „Ist mir egal“, sagte sie trotzig, „ich fühle mich sicherer, wenn ich mich gegen mögliche Katastrophen wappne.“ – „Mit deiner Geisteshaltung wären keine Kontinente entdeckt und kein Penicillin erfunden worden.“ – „Es gäbe aber auch keine Atombombe!“ Angesichts dieser Patt-Stellung einigten wir uns jetzt auf innere Desinfektion in Form eines Gin Tonics und ich schlug ihr einen Besuch bei einem Psychiater vor: „Gegen lebenszersetzende Angst gibt es Medikamente.“ Worauf sie damit loslegte, dass unser Trinkwasser ohnehin von all diesem Psychozeugs verseucht sei, sie keine Lust habe, böse Konzerne zu unterstützen und ein Pillen-Junkie zu werden. Als ich nach Hause kam, wusch ich mir sofort die Hände mit Desinfektionsseife. Ich hatte nicht bedacht, dass auch Ängste ansteckend sein können. Die Schutzmaske dagegen hieß vorauseilender Optimismus. Noch hatte ich genug davon.
„Kerls“- eine satirische Safari durch die männliche Psyche.
Mit Manuel Rubey, Petra Morzé & Polly: 20. März, Breitenfurt, 19 Uhr.
www.pollyadler.at
polly.adler@kurier.at
Kommentare