Chaos de Luxe: Hormoneller Hangover

Polly Adler über Bruchlandungen bei ersten Liebesurlauben
Polly Adler

Polly Adler

Ich erwartete eine Frau, der Hormon-Wolken aus den vernebelten Augen tanzten, stattdessen traf ich das personifizierte Trübsal. So sah man nicht nach einem ersten Liebesurlaub aus. „Musstest du so viel wandern?“ K hatte nämlich eine Wanderphobie, bedingt durch einen von Ertüchtigung besessenen Vater, der sie als Kind durch Schluchten und Klammen gezerrt hatte. „Das wäre mein geringstes Problem gewesen.“ – „Hatte er viel Ex-Text?“ Das ist ja das Nervigste: Menschen, die ihre Trennungen so nicht verkraftet haben, dass sie ständig über die Verlorenen auf das Übelste herziehen oder sie posthum verklären. Sie schüttelte den Kopf: „Exitis negativ. Aber wir hatten in zwei Wochen ganze 3,5 Mal Sex.“ – „Für den Ehe-Durchschnitt wären das Passionsspiele.“ Sie ignorierte mich zu Recht: „Und jetzt kommt's: Er wollte um 18 Uhr essen, weil er sonst schlecht einschlafen kann. Noch besser: Bevor er zu seinem Bildungsspießer-Roman griff, schob er sich die Zahnspange in den Mund ...“ – „Wie alt ist der Mann?“ – „49, aber mental 107, ich schwör's dir. Aber auch das ist noch zu toppen: Dann wurde nämlich die Ohropax-E-Klasse in die Lauscher gepropft, denn neben uns wohnten Vollblut-Honeymooner, die sich's dermaßen besorgten, dass die Dame gen Morgengrauen nur mehr um Gnade winselte.“ Tja, Urlaub ist der Härtetest für Paare mit den unterschiedlichsten Beziehungskilometern auf dem Tacho, aber auch ein Wahrheitsfilter. Nicht umsonst sind die Scheidungskanzleien im September so voll wie sonst nur nach Weihnachten. „Und weißt du, was meine 86-jährige Mutter sagte, als ich heulend bei ihr auf der Couch lag?“ – „Bist heiratest, ist alles wieder gut?“ – „Nein. Sie sagte: „Ja, Mauserl, du bist eben in einem Alter, wo man sich's nicht mehr so aussuchen kann.“ Tja, bei der Empathie-Vergabe haben Mütter bekanntlich oft nicht so rasend enthusiastisch aufgezeigt.

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