Chaos de Luxe: Fieberwahn, Lottogewinn?

Wie Hormone das Weltelend steuern können
Polly Adler

Polly Adler

Abgeschleppt. Ich fand mich also in der Pampa rund um das finsterste Simmering und stand im Dialog mit meinem buddhistischen Ich („Macht ja nix, das kann ja einmal passieren“) und seiner impuls-unkontrollierten Variante („Sag' einmal, wo steht das Gerüst, von dem du runtergepurzelt bist, Zickzacklinie, hallo!“). Nach den Formalitäten sah ich im Wartesaal einen Mann ein wildes Veitstänzchen absolvieren, unterbrochen von drei Yes-Gesten. Ein höchst ungewöhnlicher Anblick in diesem Ambiente. Es war mein Freund K, ich hatte ihn seit 300  Jahren aus den Augen verloren, weil er zu jener Wien-typischen Künstler-Species zählte, die zwar die entsprechende Attitüde, aber kein Werk vorzuweisen haben. Was irgendwann nervte. Ich fragte: „ Fieberwahn, Lottogewinn oder einfach nur naturdeppert?“ Ohne Grußfloskeln umarmte er mich und brüllflüsterte: „Sie hat wieder mit mir geschlafen, nach acht Jahren! Ich könnte Bären reißen! Obwohl ich so ein narzisstischer Softie bin ...“ – „Sagt wer?“ – „Sie! Und zwar nonstop. Bis sie mich verlassen hat. War gleich ein Neuer da. So ein neoliberaler Dreiteiler, der neun Rosinen im Müsli wollte und keine mehr. Es dauerte nicht lange und Paartherapie, olé. Sie sind sogar auf Wochenendseminare gefahren, mit Arbeitstiteln wie „So bin ich. Mehr ist es nicht“. Ich habe mich inzwischen in Fingerfarben mit unseren Kindern gewälzt. Und als sie die gestern abholen wollte, nach so einer Wie-geht's-dir-mit-mir-Hölle, haben unsere Schätze schon in meinem Bett geschlafen. Und wir zwei am Sofa zackzackzackkawums – bist denn du Moped!“ Er war übrigens hier, um nicht letzteres, sondern sein Fahrrad abzuholen, dass er an eine Verkehrsstange gebunden hatte. Es ist furchtbar, aber gleichzeitig auch wunderschön mitanzusehen, was Hormone mit Menschen anstellen können. Und wie völlig egal eine gewisse Form des Abschleppens das Weltelend machen kann.

Zusatzvorstellung von „Nymphen in Not“ am 20.12. um 20 Uhr im Rabenhoftheater. Mit den Damen Beimpold, Happel & Morzé-

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