Chaos de Luxe: Durch gerockt

Was Leo mit meinem Schwangerschaftstest zu tun hatte
Polly Adler

Polly Adler

Leonardo DiCaprio wird 45. Das macht mir insofern zu schaffen, als ich mich noch an eines dieser Interviews erinnere, wo man vom Film-Verleih an die entlegensten Orte (wie zum Beispiel dieses frühere Fischerdorf New York) gekarrt wurde. Man durfte De Niro und Ellen Barkin verhören, und als man nach den Gesprächen rechtschaffen erschöpft bei den blassen Brötchen und den Thermoskannen mit dem lauwarmen Kaffee stand, zupfte einen die PR-Frau an der Bluse und flüsterte: „Würden Sie mir einen Gefallen tun und vielleicht unseren Kleinen befragen? Er ist so enttäuscht, dass niemand ihn interviewen will.“ Die Höflichkeit gebot, dass man dem Teenager mit den Fünfsterne-Augen, der von Weltschmerz getränkt im Sofa lungerte, mehr gelangweilt als sonst was ein paar dürre Fragen stellte. Der Kleine war DiCaprio und tatsächlich wusste man nach zehn Minuten, dass hier zukünftige Starpower sehr selbstsicher, aber ohne arrogant zu wirken (ein großes Kunststück) vor einem saß. Die schlechte Nachricht: Das ist ein Menschenleben her und nach diversen Supermodel-Amours pfuuhs sieht Leo inzwischen auch schon etwas durchgerockt aus. Wobei sich mir die Frage aufdrängt: Was denken sich die Menschen, die mich schon 20 Jahre nicht mehr gesehen haben? Feuerprobe ist demnächst: Alarmstufe, Maturatreffen. Werden mir die ehemaligen Klassenkollegen behilflich beim Überqueren des Zebrastreifens sein wollen oder mich gar wegen Wiedererkennungswert unter null kaltschnäuzig ignorieren? Auf alle Fälle keine Kinder-, Boot- oder Eigenheimfotos zücken. An jenem Tag Anfang der 1990er in New York ging ich später in den Drugstore, um mir einen Schwangerschaftstest zu kaufen. „Good luck!“, sagte der große, schwarze Mann damals hinter dem Tresen. Hatte ich: The Fortpflanz was on her way. Auch deswegen wird Leo, Geheimratsecken hin, Bäuchlein her, für immer einen Platz in meinem Herzen haben. Das wird ihn mit Sicherheit sehr glücklich machen.

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