Chaos de Luxe: Zwischengeschlechtliche Situationselastizität

Die wahren Schnurren im Paarungsverhalten findet man am Land
Polly Adler

Polly Adler

Ich toure gerade durch Österreich und darf mich bei diversen zweitwohnsitzenden Freunden einparken. Bis circa 21.30 Uhr sind die Gespräche von zivilisatorischer Würde:   Hobby-Virologie und kann Biden, der ja wie ein grundgütiger, aber mäßig belastbarer Greis wirkt, trotz des Kamala-Bonus Trumpistan ein Ende setzen etc. Danach kippen wir dann mit Freude lustvoll in niveauschwache Gebiete. Ich erfuhr, dass die Frauen von Altaussee die Installation eines Puffs vor der Ortseinfahrt sabotierten, indem sie sich dort im Schichtwechsel aufpflanzten und bei jedem ortsansässigen Klienten Pfeif- und Schimpfsalven abließen: „Ham, aber schnöll!“ Nach ein paar Wochen waren die Rotlichter ausgeknipst. Kenner des lokalen Paarungsverhaltens meinten, dass Bordelle tatsächlich auch deswegen überflüssig seien, weil der gesamte Ort ohnehin von zwischengeschlechtlicher Situationselastizität sei. Deutlich mehr Kinder als sonstwo sehen dem Nachbarn „wie z’ Fleiß wie aus'm G'sicht g'rissen aus“. Auch auf meiner Weiterreise im Pongau konnte ich Schnurren sammeln. Ein örtlicher Magnat hatte dort und in Kärnten 22 Jahre lang ein exakt getaktetes Doppelleben geführt. Diese kaltblütige Frivolität wurde noch getoppt von der Tatsache, dass beide Damen, die nichts voneinander wussten, in identen Häusern residierten und dieselbe Rasse Hund tätschelten, wenn das „Herrli“ wieder einmal auf überdimensional langen Geschäftsreisen weilte. Das Ränkespiel flog auf, als der Mann mit einer fatalen Diagnose konfrontiert wurde und mit beiden Damen eine Pflege-WG zu gründen hoffte. Das Experiment ging nur kurze Zeit gut. Denn die Zweitfrau fällte über die Kollegin das Todesurteil: „Mit der sicher net in dem Leben! A Wüldsau ist freundlicher.“ Sie setzte noch eins drauf: „A Wüldsau mit Frischling!“
Dieses Vernichtungs-Idiom wurde sofort im Wortschatz-Kästchen mit einem Ehrenplatz bedacht.

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