Chaos de Luxe: Die Angst vor starken Frauen

Polly und die Logik des Irrsinns
Polly Adler

Polly Adler

Polly Adler über Männer und ihr Faible für Hascherln

Vielleicht machen mir starke Frauen ja Angst.“ Mein Freund K setzte eine Kunstpause, um meine Psychointerpretations-Verve in Gang zu bringen. Er liebte es, von mir genaue Verhaltensanalysen, was sein katastrophales Selektionsverhalten bei Frauen betraf, zu bekommen. Denn schon wieder hatte er sein Herz in der Hascherl-Sektion verloren – nein – besser temporär geparkt. K fand es – zumindest kurzfristig – sexy, wenn Frauen Bedürftigkeit und Lebensunfähigkeit atmeten. Diesmal war es eine mindestgesicherte Installationskünstlerin mit dekorativen Schatten unter den Augen, die eine Woche lang von einem Laib Brot und Gemüseabfällen leben konnte, und so liebe Sachen mit grauen Wollfäden machte, die von der Decke baumelten und vor der Klimaerwärmung und Kriegen warnen sollten. Bei der Präsentation dieser Woll-Warnungen in einer still gelegten Fabrikshalle fanden sich ausschließlich Verwandte, K und ich. Er hatte mich angefleht, Interesse zu mimen, damit das Fäden-Hascherl sich nicht kränken muss. Die vorletzte war eine melancholische Aushilfsverkäuferin (mehr als 15 Stunden verkraftete sie nicht mental) in so einer filzlastigen Bobo-Boutique gewesen. Ich war müde und sagte nur: „Wenn es eine Wortpaarung gibt, die mich so gelangweilt wie aggressiv macht, dann ist es „starke Frauen“ und „Angst.“ Kannst du mir bitte die Logik dahinter erklären? Starke Frauen entlasten euch Jungs, ihr müsst nicht die ganze Nummer mit der Erwerbstätigkeit allein machen, könnt euch entspannt zurücklehnen. So ein Helfer-Syndrom macht ja doch nur Arbeit! Nimm dir doch endlich eine, die den Aszendent Checkerin hat.“ – Jetzt sah mich K lange und sogar etwas mitleidig an: „Was du nicht kapierst, liebe Polly: Bei starken Frauen fühle ich mich schwach, nur bei solchen fragilen Pfuuh-weiß-nicht-ist-alles-so-kompliziert-bin-so-arm-Prinzessinnen spüre ich mich wie ein Batman-Nachfahre.“ Auch der Irrsinn hat so seine Logik.

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polly.adler@kurier.at

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