Seilschaft mit Gott: Klaus Eckel über Kirchen als Kletterhallen

Man kann sich in keinem Gebäude mehr darauf verlassen, das zu bekommen, was man erwartet, schreibt Klaus Eckel.
Klaus Eckel

Klaus Eckel

Jetzt wurde tatsächlich in Österreich eine weitere Kirche zur Kletterhalle. Sofort blätterte ich in der Bibel, konnte jedoch weder die Stelle „Selig sind die Freeclimber“ noch „Wer ohne Magnesium ist, der werfe den ersten Karabiner“ im Evangelium finden. Tiefgläubige Kletterer werden sich über das barocke Deckenfresko wohl ohne Seil hanteln, da sie doch im schlimmsten Fall in den Schoß Gottes fallen.

Eine Gemeinde in Apulien geht noch weiter und baut gerade eine Kathedrale zu einem Erlebnisbad um. So ein Beichtstuhl ist tatsächlich eine optimale Umkleidekabine, und die Kanzel wird zum Drei-Meter-Sprungturm. Vermutlich wird der Bademeister bei Beckenrandsprüngen vom Altar statt zu pfeifen mit der Ministrantenschelle läuten. Gleichzeitig schwenkt in der Sakristei ein umgeschulter Diakon das Weihrauchfass, um dort das Aromadampfbad zu betreiben.

Wellness-Gotteshaus

Die drei weltbekannten, rebellischen Nonnen sollten unbedingt den Instagram-Auftritt übernehmen. Diese Damen sind in Sachen Social Media mit allen Wassern gewaschen, was wiederum perfekt zu einem Wellness-Gotteshaus passt. Dieses italienische Seelen-Spa könnte für die Kirche zur Talenteschmiede werden. Falls nämlich ein Badegast leichten Schrittes über die Wellen des Wellenbads flaniert, sollte er sich unverzüglich im Vatikan als neuer Messias bewerben.

Seit einigen Jahren kann man sich in keinem Gebäude mehr darauf verlassen, das zu bekommen, was man erwartet. In Postfilialen erhalte ich Schokoriegel, in Möbelhäusern einen Schweinsbraten und die Positionen bei einem Hofer-Kassabeleg können lauten: „3 Birnen, 4 Laugenstangerln und eine Nilkreuzfahrt“.

Vor Kurzem entdeckte ich in Kärnten eine Tankstelle, die im Hinterzimmer Pediküre anbot. Als der Fußpfleger meine Beine in eine Schüssel stellte, sagte er zu mir: „Ich wasche Ihre Füße, wie einst Jesus die seiner Jünger.“ Und schon hatte ich die nächste Umwidmung vor Augen – dieser Fußpfleger ist in Wahrheit ein Pfarrer.

Klaus Eckel, Kabarettist. Sein aktuelles Programm ist nur noch bis Ende dieses Jahres zu sehen: globe.wien.

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