Braucht jede Gurke einen Raumanzug? Klaus Eckel über Mikroplastik

Konsumenten sollten Fragen stellen, meint Klaus Eckel, wie etwa: Würde Biojoghurt ohne doppelte Folie im Kühlregal erfrieren?
Klaus Eckel

Klaus Eckel

Während ich in einer asiatischen Imbissbude eine Pho-Suppe löffelte, las ich in einer Gratisblatt-Zeitung die Schlagzeile: „Jeder Mensch konsumiert pro Woche das Mikroplastik einer Kreditkarte!“ Es heißt doch immer: Du bist, was du isst. Ich war schon so vieles in meinem Leben – Pfadfinder, Frühschwimmer, Marienkäfer (im Fasching) – und jetzt bin ich auch noch eine Mastercard. 

Grummel

Als mir der Kellner das Scangerät entgegenstreckte, dachte ich kurz darüber nach, meinen nackten Bauch dagegenzuhalten. Vielleicht hätte es tatsächlich „Piep“ gemacht. Die Magen-Card ist die nächste Stufe des Bezahlens. Vielleicht gibt mir schon bald ein lautes Bauchgrummeln zu verstehen, dass das Finanzamt die Familienbeihilfe überwiesen hat. Hingegen bedeutet ein Bäuerchen: Miete wird abgebucht.

Verzeihen Sie, meine Gedanken galoppieren wieder wild durch die Synapsen-Prärie. Die Gratisblatt-Wissenschaft behauptet also, der Mensch bestehe zu 90 Prozent aus Wasser und zu 10 Prozent aus alten Billa-Sackerln. 

Überall

Das Fatale am Mikroplastik ist, dass es überall drinnen steckt – im Wasser, in der Luft, im Salz, und jetzt, Freunde des Oktoberfests, bitte kurz festhalten – sogar im Bier.

Auch der neben der Bundesstraße wachsende Kopfsalat ist verlässlich garniert mit feinstem Michelin-Reifenabrieb. Wir Konsumenten sollten Fragen stellen: 

Muss jede Gurke wirklich in einen dreilagigen Plastikanzug gesteckt werden, als würde sie zu einem Weltraumflug aufbrechen? 

Würde das Biojoghurt ohne die doppelte Folie im Kühlregal erfrieren? 

Müssen Pralinen so oft verpackt werden, dass man während des Auspackens eine Wagner-Oper durchhören kann? 

Benötigt jede Unterhose einen glänzenden Karton mit Sichtfenster, damit sie schon vor dem Kauf einen schönen Ausblick hat?

Ich warte auf Antworten

Inzwischen backen meine Kinder die ersten plastikfreien Kreditkarten aus Keksteig. 

Meine Tochter meinte nämlich: Falls das Konto mal leer ist, füllen die zumindest den Magen.

Klaus Eckel ist Kabarettist. Infos zum aktuellen Programm: globe.wien.

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