Was die Natur viel besser kann als wir Menschen
Der WWF hat vor vier Jahren Spezialpferde hier angesiedelt. Welche und warum?
Es handelt sich um Konik-Pferde, die kommen aus Polen.Dabei handelt es sich um eine urtümliche, robuste Art. Sie stammt vom europäischen Wildpferd, dem Tapan, ab. Eine kleine Population hat sich bis ins 19. Jahrhundert in Polen erhalten, die Koniks stammen von diesen ab.
Vor vier Jahren haben wir sechs Konik-Stuten aus Polen hierher nach Marchegg geholt. So ein Auwald besteht nicht nur aus Wald, sondern auch aus vielen Wiesen, Au- und Feuchtwiesen.
Naturschutzfachlich ist es wichtig, auch diese offenen Wiesenbereich zu erhalten, würde man das nicht tun, würden sie zuwachsen was ganz schlecht für viele Vogel- oder auch Insektenarten wäre. Von da her haben wir diese Wiesen auch immer gemäht, gepflegt. Wir können das als Mensch leider nicht so gut, wie’s Tiere können, deshalb haben wir uns diese Koniks hierher nach Marchegg geholt. Diese Konikpferde erfüllen ihre Aufgabe hier so super, sie sind viele bessere Landschaftserhalter und -gestalter als wir Menschen das könnten. Wenn man mit einem großen Traktor in ein paar Stunden so eine große Wiese mäht, wächst in ein paar Wochen das Gras wieder hoch.
Wir haben hier im unmittelbaren Umfeld eine Weißstorch-Kolonie. Wenn man sich so einen Storch ansieht, wenn er über die Wiese geht und Futter sucht, braucht er diesen Blick zum Boden. In hohem Gras findet er ganz schlecht Nahrung. Die Pferde fressen einmal da, einmal dort, somit kann der Storch die ganze Saison wo er hier ist, ideal Futter suchen. Aber nicht nur der Storch, sondern auch andere Vogelarten, zum Beispiel auch bodenbrütende Arten wie der Wachtelkönig oder auch Insektenjäger wie der Neuntöter finden hier idealen Lebensraum.
Warum gerade diese Pferdeart?
Die Koniks haben sich vom Wildpferd ganz viele dieser Eigenschaften erhalten. Vom Aussehen her betrachtet haben sie diesen Aalstrich, diesen dunklen Strich am Rücken oder auch eine Zebrastreifung auf den Unterbeinen.
Und vom Stoffwechsel, von der Verdauung sind sie ideal für ganzjährig ausgerichtet. Sie können das ganze Jahr auf dieser Weide leben. Wenn’s recht heiß ist’s, gibt’s Flächen im Wald wo sie rein können, wo sie Schatten und Schutz suchen. Wir haben genug Gewässerflächen hier, wo sie trinken können und sich im Sommer abkühlen, wenn’s zu heiß wird. Und diese Rasse ist so robust, dass sie nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter Fohlen bekommen haben. Die kommen dann schon mit Winterfell auf die Welt.
Gab’s mehrere Tierarten zur Auswahl, die die Wiese auf natürliche Art mähen, zum Beispiel Schafe usw.?
Ja, man denkt an Schafe, Ziegen und so weiter. Aber die sind eher für trockenere Bereiche geeignet, für so feuchtere Bereiche sind unsere Konik-Pferde ideal.
Als Sie sich für Pferde entschieden, standen da auch mehrere Arten zur Auswahl?
Es gibt schon verschiedene andere Beweidungsprojekte, die diese Konik-Pferde verwenden, da findet man schon sehr viele Erfahrung. Solche haben wir uns zuerst angeschaut - das waren insgesamt drei Jahre Recherche-Arbeit. Schlussendlich haben wir uns für die Konik-Pferde entschieden.
Sie haben erwähnt, dass Sie im ersten Jahr nur Stuten geholt haben, warum?
Auch wenn’s bei anderen Projekten funktioniert hat, wollten wir doch zuerst einmal schauen, wie funktioniert’s hier und Erfahrungen sammeln. Wir haben die Stutengruppe beobachtet. Sie hat sich bewährt, ein Jahr drauf haben wir drei Jung-Hengste geholt, seitdem haben wir nun schon 19 Pferde.
Wie viele davon sind Fohlen?
Zehn.
Das Programm ist sozusagen ein Lernen von der Natur?
Ja, Pferde sind die viel besseren Landschaftsgestalter, aber auch Lebensraumgestalter für andere Pflanzen- und Tierarten. Wir schauen uns das auch in einem umfangreichen Programm an, die Vegetation und auch Insekten wie zum Beispiel die Heuschrecken oder Vögel. Da kann man auch schon nach ein, zwei Jahren Veränderungen feststellen.
Bei den Insekten schauen wir uns ganz gezielt die Heuschrecken an, weil das eine Tiergruppe ist, die sehr schnell auf Veränderungen reagiert. Und da konnten wir feststellen, dass ganz seltene Arten, die es trocken mögen, jetzt wieder zurückgekommen sind. Man findet sie genau dort, wo sich zum Beispiel die Pferde im Sand wälzen oder mit den Hufen scharren, den Boden von der Vegetation freihalten.
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